Lemgo und das Juncker-Haus | ||
Die zwischen Teutoburger Wald und Weserbergland liegende alte Hansestadt Lemgo ist mit knapp 41.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Kreises Lippe im Regierungsbezirk Detmold im Nordosten Nordrhein-Westfalens. Weil Lemgo im letzten Krieg von den Bomben verschont geblieben ist, ist der städtebauliche Gesamtcharakter der Stadt mit den Zeugnissen aus der Zeit der Renaissance erhalten geblieben. In der Nachkriegszeit wurde die Stadt auch vorbildlich saniert. Allein innerhalb des von Wällen umgebenen restaurierten Stadtkerns sind auch heute noch über 250 Baudenkmäler erhalten geblieben. Die interessante Mischung aus historischen Bauten, moderner Architektur und kleinstädtischer Gemütlichkeit hat aus Lemgo ein beliebtes touristisches Ziel gemacht. | ||
Lemgo wurde um 1190 am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Handelswege des Mittelalters von Bernhard II. zur Lippe gegründet und entwickelte sich dank seiner Lage
Der wirtschaftliche Aufschwung führte zu einem ausgeprägten Selbstbewusstsein der Lemgoer Bürger, auch gegenüber der Kirche und dem Landesherrn. Bevor die Grafschaft Lippe 1538 zum evangelischen Bekenntnis übertrat, hatte sich in Lemgo bereits in den 1520er Jahren eine reformatorische Bewegung gebildet, die 1533 die Einführung der Reformation in Lemgo erreichte. 1605 trat Simon VI. zur Lippe, Reichsgraf und Landesherr der Grafschaft Lippe-Detmold offiziell zum evangelisch-reformierten Bekenntnis (Calvinismus) über, sodass in Lippe nach dem Prinzip "wessen Gebiet, dessen Religion" der Wechsel zum reformierten Bekenntnis durchgeführt wurde. Lemgo widersetzte sich dem Edikt, den reformierten Glauben anzunehmen, und es kam zur "Lemgoer Revolte“. Der Glaubensstreit wurde erst 1617 beendet und der Stadt wurde erlaubt, beim lutherischen Bekenntnis zu bleiben. | ||
Das Rathaus - Detail der Fassade (Westseite) | ||
Eine schwere wirtschaftliche Krise, ausgelöst durch den Dreißigjährigen Krieg (1618–1648), mit Pestepidemien, Einquartierungen und Kontributionsleistungen, brachte Armut und Elend in die Stadt und ließ sie zu einer unbedeutenden Ackerbürgerstadt absinken. | ||
Das Haus Breite Straße 19 wurde 1625 von Dietrich Cothmann (1629-1683) erworben. Cothmann hatte bereits etwa 25 Jahre in dem Haus gelebt, als seine Ehefrau Catharina Goehausen, die Mutter des zukünftigen Bürgermeisters Hermann Cothmann, der Hexerei bezichtigt wurde, angeklagt und 1654 hingerichtet wurde. Hermann Cothmann, damals Student in Rostock, schlug sich als Privatlehrer durch. 1661, nachdem er sein Jurastudium abgeschlossen hatte, kehrte er nach Lemgo zurück. Mit viel Ehrgeiz und Zielstrebigkeit gelang es ihm, erst 38-jährig, Bürgermeister der Stadt zu werden. Was er bis zu seinem Tod 1683 auch blieb. Doch Cothmann tat sich weniger durch eine weitsichtige Stadtpolitik als durch die gnadenlose Verfolgung mutmaßlicher Hexen hervor. Und das, obwohl seine eigene Mutter zu den Opfern gehört hatte. | ||
Die Hexenprozesse wüteten in allen europäischen Ländern. Er war in katholischen wie in nicht-katholischen Ländern zu Hause. Theologen, Philosophen, Juristen, Ärzte, Bürger und Bauern waren von diesem Wahn nicht weniger ergriffen als die untersten Volksschichten. In Deutschland waren es Tausende, die dieser Hysterie zum Opfer fielen. Die Zeit des 30-jährigen Krieges, die traurigste Zeit in der Geschichte Deutschlands, kannte die höchste Verbreitung der Hexenprozesse. Zahlreiche unschuldige Frauen und Männer wurden der Zauberei angeklagt. Sich gegen diesen Vorwurf zu wehren, war praktisch unmöglich, denn Folter konnte von jedem ein Geständnis erzwingen. Nachdem sie verurteilt wurden, verbrannte man die der Hexerei Überführten auf dem Scheiterhaufen. Bis zum Jahr 1681 starben auf diese Weise allein in Lemgo 272 Frauen und Männer. Dadurch nahm Lemgo eine Sonderstellung ein. Die letzte Person, die in einem Hexenprozess 1681 angeklagt wurde, war Maria Rampendahl. Sie widerstand der Folter und kam mit dem Leben davon, musste aber die Stadt und das Land verlassen. | ||
Im Hexenbürgermeisterhaus befindet sich ein Museum, in dem bis vor wenigen Jahren Nachbauten der damals eingesetzten Folterinstrumente ausgestellt waren. Im Stadtarchiv Lemgo sind die entsprechenden Hexenprozessakten und weitere Dokumente zur Stadtgeschichte einsehbar. | ||
Fachwerkhäuser (Mittelstraße) | ||
Am 18. Juni 2012 hat der Rat der Stadt Lemgo bestätigt, dass durch den Ratsbeschluss zur Errichtung des "Steins des Anstoßes" vom 20. Januar 1992 in Lemgo die Opfer der Hexenprozesse rehabilitiert worden sind. | ||
Fachwerkhäuser im Kirchhif Sankt Nikolai | ||
Interessant sind in Lemgo besonders die vielen aufwendig gestalteten ausgerichteten Patrizierhäuser mit imposanten Giebeln. Sehr stark hat der regionale Stil der Weserrenaissance [] seine Spuren hinterlassen. Bedeutende Beispiele hierfür sind das in der UNESCO-Liste aufgenommene Rathaus, das Hexenbürgermeisterhaus und Schloss Brake. Während das Stadtmuseum im Hexenbürgermeisterhaus unter anderem eine Ausstellung über die Hexenprozesse zeigt, gibt das Weserrenaissance-Museum im Schloss Brake einen Einblick in die regionale Kunst und Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. Für eine umfangreiche Liste von Baudenkmälern in Lemgo klicken Sie hier []. | ||
Eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt Lemgo ist das 1891 von Karl Junker (1850-1912) fertiggestellte zweistöckige Fachwerkhaus, das nach ihm Junkerhaus genannt wurde. | ||
Junkerhaus | ||
Der als eigenwillig geltende, in Lemgo geborene Künstler Karl Junker hatte in München studiert und 1877/1878 eine Studienreise nach Italien gemacht. Zurück in seiner Heimatstadt arbeitete er als Maler und Holzbildhauer. | ||
Junkerhaus - Salon | ||
In den Jahren 1889 bis 1891 gestaltete Junker am Rand der Stadt Lemgo das Gebäude mit fantasievollen Schnitzereien und schuf auch zahllose Zier- und Einrichtungsgegenstände im Inneren. Sein ungewöhnliches Aussehen erhält das Haus durch die reich geschnitzten Ornamene. Sowohl bei der Fassade als auch im Inneren dominiert überall das Holz. Alle Wände und Decken, mit Ausnahme der Herde und Ofen, sind mit Holz verkleidet. Das Junkerhaus ist als Gesamtkunstwerk ein einzigartiges Baudenkmal und Ausdruck enormer künstlerischer Konsequenz. |
||
Junkerhaus in Lemgo | ||
Auf den Pfeil in der Mitte klicken. Zum Vergrößern auf klicken | ||
Karl Junker bewohnte das Haus bis zu seinem Tod im Jahr 1912 und arbeitete pausenlos an seiner weiteren Ausgestaltung. Die Anerkennung, die er heutzutage genießt, fand er in der Kunstszene seiner Zeit nicht. Die Resonanz auf die Ausstellung seiner Werke in Berlin im Jahr 1914 blieb ambivalent. Seit 1962 unterhält die Stadt Lemgo das Gebäude, das auch ein Museum über das Leben und das Werk des Künstlers beherbergt. | ||
UNTERKÜNFTE IN LEMGO |
(Hier klicken für Infos und Reservierungen) |