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REISEZIELE: LANDSCHAFTEN, ORTE, SEHENSWÜRDIGKEITEN, EVENTS

Lemgo und das Juncker-Haus

Die zwischen Teutoburger Wald und Weserbergland liegende alte Hansestadt Lemgo ist mit knapp 41.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Kreises Lippe im Regie­rungs­be­zirk Detmold im Nordosten Nordrhein-Westfalens. Weil Lemgo im letz­ten Krieg von den Bomben verschont geblieben ist, ist der städte­bau­li­che Gesamtcharakter der Stadt mit den Zeugnissen aus der Zeit der Renaissance erhalten geblieben. In der Nach­kriegs­zeit wur­de die Stadt auch vorbildlich sa­niert. Allein innerhalb des von Wällen umgebenen restau­rier­ten Stadtkerns sind auch heute noch über 250 Baudenkmäler erhalten geblieben. Die inte­res­san­te Mischung aus historischen Bauten, moderner Architektur und klein­städti­scher Gemüt­lich­keit hat aus Lemgo ein beliebtes tou­ris­tisches Ziel gemacht.
Lemgo wurde um 1190 am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Handelswege des Mittelalters von Bernhard II. zur Lippe gegründet und entwickelte sich dank seiner Lage
Das Rathaus (Nordseite)
für lange Zeit zur größten und bedeutendsten Stadt der Graf­schaft Lippe. 1215 wurde die Pfarrkirche St. Nicolai geweiht. Zu großem Wohl­stand kam die Stadt hauptsächlich durch ihre Zuge­hö­rig­keit zur Deutschen Hanse, der zwischen Mitte des 12. Jahrhunderts und Mitte des 17. Jahrhunderts bestehenden Verei­ni­gung niederdeutscher Kaufleute, deren Ziel die Sicherheit der Überfahrt und die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen besonders im Ausland war.
Der wirtschaftliche Aufschwung führte zu einem ausgeprägten Selbstbewusstsein der Lemgoer Bürger, auch gegenüber der Kir­che und dem Landesherrn. Bevor die Graf­schaft Lippe 1538 zum evangelischen Be­kennt­nis übertrat, hatte sich in Lemgo be­reits in den 1520er Jahren eine re­for­ma­to­rische Bewegung gebildet, die 1533 die Einführung der Reformation in Lemgo erreichte. 1605 trat Simon VI. zur Lippe, Reichsgraf und Landesherr der Grafschaft Lippe-Detmold offiziell zum evangelisch-re­formierten Bekenntnis (Calvinismus) über, sodass in Lippe nach dem Prinzip "wessen Gebiet, dessen Religion" der Wechsel zum reformierten Bekenntnis durchgeführt wur­de. Lemgo widersetzte sich dem Edikt, den reformierten Glauben anzunehmen, und es kam zur "Lemgoer Revolte“. Der Glaubensstreit wurde erst 1617 beendet und der Stadt wurde erlaubt, beim lutherischen Bekenntnis zu bleiben.
Das Rathaus - Detail der Fassade (Westseite)
Eine schwere wirtschaftliche Krise, ausgelöst durch den Dreißigjährigen Krieg (1618–1648), mit Pestepidemien, Einquartierungen und Kontributionsleistungen, brachte Armut und Elend in die Stadt und ließ sie zu einer unbedeutenden Ackerbürgerstadt absinken.

Hexen­bür­ger­meis­ter­haus (Lizenz)
Das Krüwelhaus, eines der schönsten Bürgerhäuser der Stadt, das mit seinem reich verzierten Renaissance-Giebel die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist zu­gleich auch ein Zeugnis eines der dun­kelsten Kapitel der Stadtgeschichte. Zu den Themen, nämlich, die in der lokalen Geschichte eine besondere Bedeutung haben, gehört neben der Hanse und der Weserrenaissance auch die Hexen­ver­folgung. Im 19. Jahrhundert entstand deshalb in der mündlichen Überlieferung der Begriff des "Hexennestes" Lemgo. Das prächtige Krüwelhaus ist aus gutem Grunde unter dem Namen Hexen­bür­ger­meisterhaus bekannt.
Das Haus Breite Straße 19 wurde 1625 von Dietrich Cothmann (1629-1683) er­worben. Cothmann hatte bereits etwa 25 Jahre in dem Haus gelebt, als seine Ehefrau Catharina Goehausen, die Mut­ter des zukünftigen Bürgermeisters Her­mann Cothmann, der Hexerei be­zich­tigt wurde, angeklagt und 1654 hingerichtet wurde.
Hermann Cothmann, damals Student in Rostock, schlug sich als Privatlehrer durch. 1661, nachdem er sein Jura­stu­dium abgeschlossen hatte, kehrte er nach Lemgo zurück. Mit viel Ehrgeiz und Zielstrebigkeit gelang es ihm, erst 38-jährig, Bür­ger­meister der Stadt zu werden. Was er bis zu seinem Tod 1683 auch blieb. Doch Cothmann tat sich weniger durch eine weitsichtige Stadtpolitik als durch die gnadenlose Verfolgung mut­maß­licher Hexen hervor. Und das, obwohl seine eigene Mutter zu den Opfern gehört hatte.
Marktplatz und St. Nicolai Kirche
In seine Amtszeit fiel die letzte Welle der Hexenverfolgung, die mit rund 100 Hinrichtungen zu den intensivsten Ver­fol­gungsperioden der Stadt­ge­schichte gehörte. Bereits seinen Zeitgenossen galt Hermann Cothmann als besonders eifriger "Hexenjäger".
Die Hexenprozesse wüteten in allen eu­ropäischen Ländern. Er war in katho­li­schen wie in nicht-katholischen Ländern zu Hause. Theologen, Philosophen, Ju­ris­ten, Ärzte, Bürger und Bauern waren von diesem Wahn nicht weniger er­grif­fen als die untersten Volksschichten. In Deutschland waren es Tausende, die dieser Hysterie zum Opfer fielen. Die Zeit des 30-jährigen Krieges, die trau­rig­ste Zeit in der Geschichte Deutsch­lands, kannte die höchste Verbreitung der He­xenprozesse.
Zahlreiche unschuldige Frauen und Män­ner wurden der Zauberei angeklagt. Sich gegen diesen Vorwurf zu wehren, war praktisch unmöglich, denn Folter konnte von jedem ein Geständnis er­zwingen. Nachdem sie verurteilt wur­den, verbrannte man die der Hexerei Überführten auf dem Scheiterhaufen. Bis zum Jahr 1681 starben auf diese Weise allein in Lemgo 272 Frauen und Männer. Dadurch nahm Lemgo eine Sonderstellung ein. Die letzte Person, die in einem Hexenprozess 1681 angeklagt wurde, war Maria Rampen­dahl. Sie widerstand der Folter und kam mit dem Leben davon, musste aber die Stadt und das Land verlassen.
Im Hexenbürgermeisterhaus befindet sich ein Museum, in dem bis vor wenigen Jahren Nach­bauten der damals eingesetzten Folterinstrumente ausgestellt waren. Im Stadtarchiv Lemgo sind die entsprechenden Hexenprozessakten und weitere Dokumente zur Stadtgeschichte einsehbar.
Fachwerkhäuser (Mittelstraße)
Am 18. Juni 2012 hat der Rat der Stadt Lemgo bestätigt, dass durch den Ratsbeschluss zur Errichtung des "Steins des Anstoßes" vom 20. Januar 1992 in Lemgo die Opfer der Hexen­prozesse rehabilitiert worden sind.
Fachwerkhäuser im Kirchhif Sankt Nikolai
Interessant sind in Lemgo besonders die vielen aufwendig gestalteten ausgerichteten Pa­tri­zier­häuser mit imposanten Giebeln. Sehr stark hat der regionale Stil der Weserrenaissance [] seine Spuren hin­terlassen. Bedeutende Beispiele hierfür sind das in der UNESCO-Liste auf­ge­nommene Rathaus, das Hexenbürgermeisterhaus und Schloss Brake. Während das Stadt­mu­seum im Hexen­bür­germeisterhaus unter anderem eine Ausstellung über die Hexenprozesse zeigt, gibt das We­ser­renaissance-Museum im Schloss Brake einen Einblick in die regionale Kunst und Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. Für eine umfangreiche Liste von Baudenkmälern in Lemgo klicken Sie hier [].

Eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt Lemgo ist das 1891 von Karl Junker (1850-1912) fertiggestellte zweistöckige Fachwerkhaus, das nach ihm Junkerhaus genannt wurde.
Junkerhaus
Der als eigenwillig geltende, in Lemgo geborene Künstler Karl Junker hatte in Mün­chen studiert und 1877/1878 eine Studienreise nach Italien gemacht. Zurück in seiner Hei­mat­stadt arbeitete er als Maler und Holzbildhauer.
Junkerhaus - Salon

In den Jahren 1889 bis 1891 gestaltete Junker am Rand der Stadt Lemgo das Gebäude mit fan­ta­sie­vol­len Schnitzereien und schuf auch zahllose Zier- und Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de im In­ne­ren. Sein un­gewöhnliches Aussehen erhält das Haus durch die reich geschnitzten Ornamene. Sowohl bei der Fassade als auch im In­ne­ren dominiert überall das Holz. Alle Wände und Decken, mit Aus­nahme der Herde und Ofen, sind mit Holz verkleidet. Das Junkerhaus ist als Gesamt­kunst­werk ein ein­zig­artiges Baudenkmal und Ausdruck enormer künstlerischer Konsequenz.

Junkerhaus in Lemgo
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Karl Junker bewohnte das Haus bis zu seinem Tod im Jahr 1912 und arbeitete pausenlos an sei­ner weiteren Aus­ge­staltung. Die Anerkennung, die er heutzutage genießt, fand er in der Kunst­szene seiner Zeit nicht. Die Resonanz auf die Ausstellung seiner Werke in Berlin im Jahr 1914 blieb am­bi­va­lent. Seit 1962 unterhält die Stadt Lemgo das Gebäude, das auch ein Museum über das Leben und das Werk des Künstlers beherbergt.

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