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REISEZIELE: LANDSCHAFTEN, ORTE, SEHENSWÜRDIGKEITEN, EVENTS

Der Paterzeller Eibenwald

Die Bayerischen Staatsforsten sind reich an Naturjuwelen. Im Pfaffenwinkel, einer Region in Südbayern, die zwischen Lech und Loisach liegt, befindet sich, ganz in der Nähe des kleinen Ortes Pater­zell (Gemeinde Wessobrunn), der magisch anmutende Paterzeller Eibenwald, einer der größten zusammenhängenden Bestände der Europäischen Eibe in Deutschland. Zwischen Bu­chen, Fichten und Tannen wachsen dort mehr als 2000 alte Eiben. Der 88 ha große Eibenwald wurde 1939 unter Naturschutz gestellt und zählt somit zu den ältesten Natur­schutz­gebieten Deutschlands.
Bei esoterisch veranlagten Menschen gilt der Paterzeller Eibenwald als "Kraftort“. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, Elfen, Druiden und Gnome zu begegnen, relativ gering, doch wird man bei einem Spaziergang durch diesen malerischen Wald unweigerlich von seiner Faszination ein­ge­nom­men. Wenn man die alten Bäume als uralte Lebe­we­sen betrachtet, jeden von ihnen mit sei­ner eigenen Persönlichkeit, und wenn man im Wald unterschiedliche "Räume" entdeckt, in die man eintreten kann und deren Einzigartigkeit spüren kann, dann fühlt man sich, als wäre man in einem Zauberwald. Die Stille genießen, in das eigene Selbst einkehren, den Erzählungen der Bäume und dem Rauschen der Wasserläufe lau­schen: Das ist ein Erlebnis, das mehr sein kann als ein Eintauchen in die Natur!
Im Eibenwald kann man auf dem sogenannten Eibenpfad unter alten Eiben wandern – neben dem größten Eibenvorkommen Deutschlands finden sich aber auch Buchen, Fichten, Erlen und Eschen – und die Ausstrahlung dieser teils uralten Bäume genießen. Wegen seines sumpfigen Charakters und der zahlreichen natürlichen Wasserläufe wirkt der Wald besonders ein­drucks­voll.
Die Eibe ist ein in vieler Hinsicht besonderer Baum, denn sie ist zwar ein Nadelgehölz, bildet aber keine Samenzapfen wie die Fichte oder die Tanne, sondern rote Beeren. Genauer gesagt handelt es sich nur um "Scheinbeeren” (Arillus), bei denen das rote Fleisch des Fruchtbechers einen Samenkern umhüllt. Die Europäische Eibe ist normalerweise zweihäusig, das heißt: Männ­liche und weibliche Blüten befinden sich auf unterschiedlichen Bäumen. Es gibt aber auch Ausnahmen, bei denen sich Blüten beider Ge­schlech­ter auf dem­sel­ben Baum befinden.
Die Europäische Eibe (Taxus baccata) gehört in allen europäischen Ländern zu den ge­schütz­ten Pflanzenarten. Sie ist die älteste und schattenverträglichste Baumart Europas und kann ein sehr hohes Alter erreichen.
Bis auf den bei Reife rot gefärbten Samenmantel und den Pollen, sind alle Pflanzenteile der Eibe stark giftig. Bereits eine Aufnahme von 50 bis 100 Gramm Eibennadeln kann für den Menschen tödlich sein. Die Kelten verwendeten Eibennadelabsud, um ihre Pfeilspitzen zu vergiften und Ju­lius Caesar berichtete in seinem "De bello Gallico" von einem Stammesfürsten, der lieber mit Eiben­gift Selbstmord beging, als sich den Römern zu ergeben.
Während Pferde als besonders gefährdet gelten, scheinen Rinder, Schafe und Ziegen eine To­le­ranz gegen die Gifte der Europäischen Eibe zu entwickeln, wenn sie daran gewöhnt sind, re­gel­mäßig kleinere Mengen zu fressen.
Das Holz der Eibe wurde seit uralten Zeiten vom Menschen geschätzt, da es aufgrund des lang­samen Wuchses des Baumes eine große Härte und Zähigkeit aufweist. Den ältesten Nach­weis für die Verwendung von Eibenholz als Werkzeug bildet die Lanzenspitze von Clacton-on-Sea aus der Holsteinwarmzeit vor etwa 300.000 Jahren. Auch der berühmte "Ötzi“, der mehr als 5000 Jahre alte Mann, dessen Mumie 1991 in den Ötztaler Alpen gefunden wurde, trug einen Bo­gen­stab aus Ei­ben­holz bei sich. Funde aus dem Neolithikum weisen die Verwendung von Eibenholz für die Her­stel­lung von Gebrauchsgegenständen wie Löffeln, Tellern, Schalen und Nadeln nach. Die bronze­zeit­lichen Pfahlbauten am Mondsee standen auf Eibenpfählen. Eibenholz ist nämlich sehr resistent gegen Feuchtigkeit und Fäulnis.
In der Forstwirtschaft hat die Eibe heute keine wirtschaftliche Bedeutung mehr, sie wird aber seit der Renaissance häufig bei der Gestaltung von Gärten eingesetzt, vor allem als immer­grüne, geschnittene Hecken.
Junge Eiben besitzen meist schlanke Stämme mit einer gleichmäßigen Beastung. Die Krone ent­wickelt sich mit zunehmendem Alter zu einer runden, eiförmigen oder kugeligen Form. Oft sind frei stehende Eiben bis an den Boden beastet. Ältere Exemplare sind nicht selten mehr­gipfelig und mehrstämmig. Charakteristisch ist die dünne grau- bis rotbraune Schuppenborke der Ei­benstämme. Die jungen Eiben haben eine glatte Rinde, die später zu einer graubraunen, sich in Schuppen ablösenden Borke wird.
In Mitteleuropa werden nur sehr wenige Bäume mehr als 15 Meter hoch. Ab einem Alter von etwa 90 Jahren hört das Höhenwachstum der Eibe zwar auf, aber die Baumkronen wachsen weiter und auch der Stamm kann weiter in die Breite gehen. Stammdurchmesser von über einem Meter sind keine Seltenheit. Aufgrund der Verwachsung einzelner Stämme entstehen manchmal bis zu ei­nem Meter dicke Komplexstämme.
Ab einem Alter von etwa 250 Jahren werden Eiben aufgrund von Kernfäule im Stammesinneren nicht selten innen völlig hohl. Aus diesem Grund (wegen dem Fehlen von Jahresringen) ist ei­ne genaue Altersbestimmung von alten Eiben kaum möglich. Um einen von innen heraus weg­fau­len­den Stamm ersetzen zu können, haben alte Eiben zwei Strategien entwickelt: Entweder bilden sie im hohlen Stammesinneren Innenwurzeln aus, die sich ggf. zu einem neuen Stamm entwickeln, oder es können Triebe, die aus dem Stamm wachsen, außen am Primärstamm senkrecht empor­wachsen, sodass sehr alte Eiben manchmal nur noch aus einem solchen Kranz miteinander ver­wach­sener Triebstämme bestehen.
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In Deutschland gilt die Europäische Eibe als "gefährdet" (Stufe 3 in der Roten Liste) geführt, während in der Schweiz sie als "nicht gefährdet“ gilt. Europäische Eiben finden sich wegen frü­he­rer Übernutzung, gezielter Ausrottung und Wildverbiss oft nur noch in unzugänglichen Schlucht­wäldern und an Steilhängen.
Die stärkste Eibe des Eibenwaldes wurde Opfer einer Brandstiftung
Der Eibenwald steht auf meterdickem Tuffstein. Dieser entsteht, wenn kaltes, kalkhaltiges Grundwasser austritt und sich dabei Kalk in fester Form absetzt.
Diese geologische Besonderheit ist ein Grund für den ho­hen Eibenanteil in diesem Wald: Auf der niedrigen Hu­mus­schicht über dem Tuffstein wächst die Eibe besser als die anderen Baumarten.
Über Jahrhunderte wurde im Eibenwald Tuffstein abgebaut. Viele alte Gebäude im Pfaffenwinkel sind aus Tuffstein, bei­spielsweise der Wessobrunner Glockenturm. Heute bil-
­det sich im Eibenwald der Tuff nur noch an wenigen Stel­len, denn die zahlreichen Quellen des Eibenwaldes wer­den als Trinkwasser und zur Energiegewinnung abgeleitet.
In der Gegend von Wes­sobrunn gibt es noch weitere Se­hens­wür­dig­keiten. Das Kloster Wessobrunn, eine be­ne­dik­ti­ni­sche Gründung, die im Jahr 753 vom Baiern­herzog Tassilo III. gestiftet wurde, dient heute als Heimat für eine Natur­kos­me­tik-Firma. Der Prälatentrakt mit Tassilosaal und Mag­dalenensaal kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden.
In der Nähe der Klostermauer befindet sich die berühmte "Tassilo-Linde" []. Tassilo III. soll, so die Legende, unter der Linde den Traum gehabt haben, der ihn das Kloster Wes­sobrunn gründen hieß. Die Linde ist 25 Meter hoch und ihre Krone hat einen Durchmesser von 27 Metern. Der Baum­stamm hat einen Umfang von etwa 14 Metern, was der drittgrößte Umfang einer Linde in Bayern ist. Sie gilt als "tausendjährig", obwohl das genaue Alter nicht bekannt ist.
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