Lourdes |
Lourdes liegt am Fuß der Pyrenäen in der historischen Region Bigorre, im Département Hautes-Pyrénées, am Wallfahrtsweg nach Santiago de Compostela (Jakobsweg). Der von Süden nach Norden fließende Fluss Gave du Pau macht im Ort eine Biegung und fließt dann weiter in Richtung Westen. |
Recht nüchtern liest sich in Reiseführern oder Lexika die Beschreibung der Ereignisse von 1858, die Lourdes weltbekannt machten: Das 14-jährige Mädchen Bernadette Soubirous "soll" demnach in der Nähe der Grotte von Massabielle mehrfach Erscheinungen gehabt haben. Eine weiß gekleidete Frau "soll" (auch hier wird Zweifel ausgedrückt) ihr mehrfach erschienen sein und sie beauftragt haben, eine Kirche auf der Grotte errichten zu lassen. Später offenbarte sich nach Bernadettes Worten die Erscheinung mit den Worten: "Ich bin die unbefleckte Empfängnis!", was der Pfarrer und die kirchliche Untersuchungskommission als Bestätigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis der Maria, Mutter Jesu, sahen. Die Quelle in der Grotte soll (!) während einer dieser Erscheinungen zu sprudeln begonnen haben. Sehr bald wurden ihr Heilkräfte zugeschrieben. Im Laufe der Jahre wurde von einer großen Anzahl Wunderheilungen berichtet und Lourdes wurde zu einem bedeutenden Wallfahrtsort. Bernadette Soubirous wurde am 8. Dezember 1933 heilig gesprochen. |
Lourdes auf einem alten Foto (ca. 1935) |
Von dem Zweifel, der aus jeder nicht vom Glauben motivierten Beschreibung von Lourdes durchscheint, ist kaum etwas zu spüren, wenn man während einer Krankenprozession dem Gemurmel der Betenden zuhört und die Gesichter der Menschen aufmerksam betrachtet. Kranke, die vielleicht nur noch kurze Zeit zu leben haben, Querschnittgelähmte, Spastiker mit verkrampfter Nackenhaltung und verzerrtem Gesicht, Verwirrte, aber auch vor Freude strahlende Menschen, bei denen das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund steht und deren Herzen in dieser von Glauben und Zuversicht geladenen Atmosphäre Feuer gefangen haben. Für sie alle ist es eine unumstößliche Tatsache, dass der Heiligen Bernadette bei der Grotte von Massabielle mehrfach die Muttergottes erschien. |
Lourdes ist längst zum berühmtesten Marienwallfahrtsort der Welt avanciert. Derzeit pilgern (bzw. reisen) jährlich vier bis sechs Millionen Menschen nach Lourdes. Im festen Glauben an eine mögliche Heilung ihrer Krankheiten, Verletzungen oder Altersbeschwerden nehmen jährlich Zehntausende ein Bad im Wasser der Quelle, obwohl Untersuchungen diesem keine außergewöhnliche Mineralstoffzusammensetzung bescheinigen. |
1858 erfolgte die erste nicht zu erklärende Heilung, als Chatherine Latapie Chourat ihren gelähmten Arm in das Wasser der Quelle eintauchte und geheilt wieder herauszog. Von den bisher mehr als 7000 bokumentierten Heilungen, wurden 2000 von Ärzten als unerklärlich eingestuft. Die katholische Kirche war in der Beurteilung dieser "Wunder" immer sehr skeptisch und so wurden von ihr nach eingehender Prüfung bis heute nur 68 als Wunderheilungen anerkannt. Die letzte Heilung (multiple Sklerose) ereignete sich 1987 (anerkannt wurde sie 1999). Angesichts der großen Besucherzahlen haben, so meinen die Kritiker, diese Heilungen keinerlei statistische Bedeutung. 68 Wunder und ein paar Tausend Heilungen - bei Millionen von Besuchern und Kranken ist die Chance, dass einem ein Wunder widerfährt, somit äußerst gering. Der Religionskritiker Richard Dawkins bemerkte sarkastisch, dass die Wahrscheinlichkeit, sich beim Waschen in der Quelle eine Infektion zu holen, wesentlich größer sei, als eine Wunderheilung zu erfahren. |
Die Grotte von Massabielle ist in Wahrheit nur ein dunkler Felsüberhang, der im Lauf der Jahre von den Millionen Kerzen, die hier gebrannt haben, geschwärzt wurde. Oberhalb der Grotte selbst steht in einer Nische die vom Bildhauer Joseph Fabisch geschaffene und am 4. April 1864 aufgestellte Statue der Jungfrau Maria. Sie wurde gemäß den Anweisungen von Bernadette erstellt. Als Bernadette nach der Aufstellung gefragt wurde, ob dies die "Dame" sei, die sie gesehen hatte, soll sie aber erwidert haben: "Keine Spur!". In einer Ecke der Grotte ist die von einer Glasplatte bedeckte Quelle zu sehen. Gleich daneben Blumen, eine Kerzenpyramide und ein Altar, an dem die Messen zelebriert werden. Die Pilger gehen (wie Bernadette es einst tat) zur Grotte, knien zum Gebet nieder, beten den Rosenkranz und entzünden Kerzen.
Oberhalb der Grotte wurde gemäß den Anweisungen der weißen "Dame" eine Kirche gebaut. Inzwischen stehen dort sogar drei Gotteshäuser übereinander; das größte und neueste davon ist die unterirdische Basilika, die 25.000 Gläubige aufnehmen kann. |
Die Lichterprozession am Abend ist zweifelsohne das Beeindruckendste eines Lourdes-Besuches. Wenn in der "blauen Stunde" bei Einbruch der Dunkelheit eine riesige Menschenmenge mit Tausenden von brennenden Kerzen entlang der großen Esplanade zieht und wie aus einem Mund "Ave Maria" betet, dann nützt es einem skeptischen Betrachter nicht viel, zu wissen, dass es sich um eine nahezu perfekt inszenierte Choreographie der katholischen Kirche handelt, die genau darauf abzielt, überwältigende Gefühle auszulösen - es beeindruckt trotzdem zutiefst. Der Höhepunkt wird erreicht, wenn die Pilger die Rosenkranzbasilika erreichen. Durch die Ansammlung dieser Tausenden von Menschen ist der Platz vor der Basilika zum Lichtermeer geworden. |
In solchen Augenblicken ist es auch völlig unerheblich, ob sich hinter dem Glauben so etwas wie eine "Wahrheit"" verbirgt oder nicht. Die Kranken können gemeinsam beten, gemeinsam leiden, gemeinsam hoffen. Das Gefühl der Verlassenheit, dem sie Zuhause auf dem Krankenbett so oft verfallen, verschwindet. Der sinnliche Zauber der Bilder, das ergreifende Unisono der gesungenen Ave Marias, das rhythmische, einlullende Murmeln der Gebete führen zu einerr Massenverbrüderung, die sich zum Rausch eines kollektiven Glücksgefühls steigern kann. Das ist das eigentliche Wunder von Lourdes! |
Der jüdisch-österreichische Schriftsteller Franz Werfel musste während des Zweiten Welkriegs vor den Nationalsozialisten fliehen. 1940, als die Wehrmacht große Teile Frankreichs besetzt hielt, fand er Zuflucht in Lourdes, und gelobte, falls er gerettet würde, ein Buch über die heilige Bernadette zu schreiben. Er konnte in einer abenteuerlichen Flucht über Spanien in die USA entkommen. Zum Dank für diese Rettung schrieb er dann tatsächlich einen Roman Das Lied von Bernadette. 1943 wurde dieser Roman mit Jennifer Jones in der Titelrolle mit großem Erfolg verfilmt. Auf die Frage "Was in seinem Roman wahr sei und was erfunden?" antwortete Werfel: "All jene denkwürdigen Begebenheiten, die den Inhalt dieses Buches bilden, haben sich in Wirklichkeit ereignet." |
Man kommt in Lourdes auch als skeptischer Neugieriger nicht drum herum, sich mit der Unbegreiflichkeit des Wunders zu befassen. Werfel wollte sich in diesem Roman ausdrücklich mit den Widersprüchen zwischen Wissen und Glauben befassen und dabei beweisen, dass die Vernunft vor der Ungeheuerlichkeit des Wunders kapitulieren müsse. |
Diesem Widerspruch ist auch der Besucher ausgesetzt, auch wenn die Kommerzialisierung des "Glaubens" in Lourdes Ausmaße bekommen haben, die abschreckender nicht sein könnten. Echter Glaube trifft hier auf die Kommerzialisierung desselben, es werden Hoffnungen geschürt und damit Geschäfte gemacht. Mehr als 200 Devotionalien- und Souvenirläden voller religiösem Tand findet man im kleinen Ort: Marienstatuen, Heiligenbildchen, Rosenkränze, Engelchen, Kruzifixe und Kerzen. Selbst Kanister, in die man selbst das Lourdeswasser einfüllen kann, werden millionenfach angeboten. |
Besonders festliche Tage sind in Lourdes der 11. Februar, der Jahrestag der ersten Erscheinung, der Gedenktag der heiligen Bernadette (am 18. Februar), die Karwoche, Pfingsten, Mariä Himmelfahrt (der 15. August), Allerheiligen und der Heilige Abend. Sehenswert ist auch die Rosenkranz-Wallfahrt Anfang Oktober. Kaum vorstellbar welche Atmosphäre herrschte, als Papst Benedikt XVI. nach Lourdes kam. Er ließ sich bei seiner Ankunft im Wallfahrtsort Lourdes von den jubelnden Mengen im Papamobil feiern. |
Die Umgebung von Lourdes ist nicht minder einen Besuch wert. Der auf einem kleinen Felsvorsprung in der Stadt gelegene Château-Fort de Lourdes mit seinem Turm aus dem 14. Jh. war ursprünglich der Wohnsitz der Grafen von Bigorre, diente im 17. Jh. als Gefängnis und später als Kaserne. Die Burg beherbergt ein interessantes Pyrenäen-Museum, das die Volkskunst und das Brauchtum der Region veranschaulicht. Ein besonderer Saal ist dem "Pyrenäentum" gewidmet. In der Kapelle sind u.a. Holztäfelungen, Altäre und Holzfiguren aus der alten Pfarrkirche zu sehen. |
Zahnradbahn auf den Pic du Jer auf einem alten Foto |
Von Ostern bis Ende Oktober kann man mit einer Zahnradbahn auf den 1000 m hohen Pic du Jer fahren. Der Berg ist an seinem großen Kreuz zu erkennen, das nachts beleuchtet ist. Auf dem Gipfel angekommen führt ein Wanderpfad bis zum Observatorium, wo man an einen einzigartigen Aussichtspunkt gelangt, der einen Rundblick auf Lourdes, Tarbes, Pau, das Tal von Argèles Gazost und die Pyrenäen bietet. |
UNTERKÜNFTE IN LOURDES |
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