Reisebericht von Bernd Zillich    
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Škofja Loka (Slowenien)
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Bosnien und Herzegowina auf der Hand: Alles Wissenswerte für Ihre Reise nach Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
auf der Hand
   
   
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Mostar
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Der Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 in perspektivischen Kriegsgeschichten
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Mostar
Der französische Philosoph Michel Foucault beklagte einmal den Verlust der "Schwei­ge­kultur", das permanente Geplapper der Mediengesellschaft würde alle Selbst­re­fle­xions­fä­hig­keiten verkümmern lassen. Wie richtig! Im Innenhof dieses kleinen Gästehauses bin ich einer Dauerberieselung mit amerikanischer Popmusik ausgesetzt. Möchte man vielleicht dauergefüttert werden oder lieber nur dann essen, wen man Appetit hat? Warum hat man bei der Musik nicht diese Wahl? Kaum ist mir dieser Gedanke durch den Kopf geschossen, schon schallen aus dem Radio einheimische Klänge. Oh ja, gleich schmeckt mir das Essen besser.
Mittwoch, 20. Mai
Stari Most (die alte Brücke)
Ein Ort, dessen kleiner historischer Kern mich fasziniert, eine Brücke, die beeindruck­en­der ist als jene in Višegrad, und doch, es wollen bei mir nicht die Gefühle aufkommen, die Višegrad [] mit seiner Abgeschiedenheit, mit seiner Stille und seinem Bezug zur Geschichte bei mir entstehen ließ. Es ist der einzig und allein auf das Geschäft mit Tou­risten ausgerichtete Charakter der Stadt, der mich ernüchtert. Kein Wunder, ist der Ort doch keine fünfzig Kilometer von der kroatischen Badeküste entfernt, was ihm Tag für Tag ganze Busladungen von Besuchern beschert. Wie die Schafe passieren Herden von deutschen, französischen, amerikanischen und einheimischen Tou­risten die Brücke. Sie gucken, knipsen, hören auf die Wörter des Fremdenführers, kaufen anschließend bunte Tü­cher, Kup­fer­ware und allerlei Kitsch, und schon wartet der Bus zurück zur Adriaküste wieder auf sie. Nicht, dass ich es ihnen nicht gönne, aber sie zerstören die Aura des Ortes und erschweren mir das gedankliche Eintauchen in die Zeit des Osmanischen Reiches, in welche ich mich an der Drina so gut versetzen konnte.
Nicht, dass die von 1556 bis 1566 vom osmanischen Architekten Mimar Hajrudin gebau­te und zum Wahrzeichen von Mostar gewordene Brücke nicht ebenso viel Geschichts­träch­ti­ges aufzuweisen hätte, ganz im Gegenteil, ihr fehlt nur die Weihe der  Welt­literatur.
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Laut einer Legende flüchtete Hajrudin kurz vor der Vollendung der Brücke aus der Stadt, weil der Sultan ihm mit der Todesstrafe gedroht hatte, sollte die Brücke einstürzen. Aber sie überstand mehr als vier Jahrhunderte lang Erdbeben, Hochwasser und Kriege. Bis auf den letzten. Nach Auffassung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehe­ma­li­ge Jugoslawien wurde die Brücke am 9. November 1993 nach mehrstündigem Beschuss durch kroatische Truppen gezielt zerstört. Kroatische Wissenschaftler kamen hingegen zu einem anderen Schluss: Danach sei die Brücke sehr wahrscheinlich nicht durch den Beschuss selbst, sondern durch eine an der Brücke angebrachte explosive Ladung zer­stört worden. Macht das einen Unterschied?
Der Wiederaufbau der Brücke begann, mit Unterstützung der UNESCO, der Weltbank und der Türkei, bereits im Jahr 1995. Er kostete etwa 15 Millionen Euro. Die offizielle Wiedereröffnung fand am 23. Juli 2004 statt.
Geschichte
Siniša, ein junger Student aus Sarajevo, erzählt mir einen Witz: Ein armer Junge sitzt am Seeufer und träumt vor sich hin. Da springt ein verzauberter goldener Fisch über die Wasseroberfläche und spricht ihn an: "Du darfst einen Wunsch äußern", gluckst er, "und ich werde ihn Dir erfüllen." Plötzlich vor Glückseligkeit und Zu­versicht sprühend, antwortet der junge Mann: "Ich möchte ein Prinz in einem mächtigen Reich werden!" Sofort fällt er in einen tiefen Schlaf. Während er von Macht und Reichtum träumt, wird er von seiner Mutter geweckt. "Franz Ferdi­nand", ruft sie, "Wach auf und mach dich fertig, denn du musst heute noch nach Sarajevo." Zum Verständnis: Am 28. Juni 1914 wurden der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin, die Herzogin von Hohenberg, vom serbischen Nationalisten Gavrilo Princip ermordet. Das war das berühmte Attentat von Sarajevo [], welches einer der Auslöser des Ersten Weltkriegs war.
Donnerstag, 21. Mai
Brückenspringer
Bild vergrössernBei diesen hochsommerlichen Temperaturen kann man nichts Bes­seres tun, als eine schattige Bar aufzusuchen und flüssige Nahrung zu sich zu nehmen. Erstaunlich, wie leicht das Sarajevsko Pivo (Bier) ist! Wenn dieses Plätzchen im Schatten auch noch einen Blick auf die berühmte Brücke erlaubt, dann steht dem Glück des Rei­sen­den nichts mehr entgegen. Dieses Glück wäre zwar um ein viel­faches größer, wenn sich der junge Mann oben auf der Brücke zum Springen entschließen würde, um meiner Kamera die Gelegenheit zu bieten, ein ungewöhnliches Foto zu schießen, aber umsonst be­kommt man bekanntlich nichts auf der Welt. Die Jungen aus dem Brückenspringerverein möchten schließlich den Sprung von der 21 m hohen Brücke ins 12 Grad kalte Wasser in klingelnde Münze umsetzen. Unter den jungen Männern der Stadt wird die Tradition, von der Brücke in die Neretva zu springen, inzwischen nur noch für zahlende Touristen am Leben gehalten. Bis auf den Wettbewerb, der seit dem Jahr 1986 jeden Sommer ausgetragen wird. Die erste Aufzeichnung des Brückenspringens ist aus dem Jahr 1664.
Ab und zu reißt mich der Schatten einer Möwe im Sturzflug aus meinen Gedanken. Für den Bruchteil einer Sekunde denke ich, es wäre jemand gesprungen.
Altstadt
Am linken Neretva-Ufer, nur wenige Schritte von der Brücke entfernt, erstreckt sich das historische Viertel der Handwerker, Sattler und Weber mit seinen abschüssigen, mit runden Kieseln gepflasterten Gassen. Dieser Stadtteil besteht aus kleinen Häusern, die alle noch aus der Osmanischen Zeit stammen. Hier, zwischen den Verkaufsständen, die sich unter Vordächern aus Stein verbergen, und in der Nähe der Moscheen aus dem 16. und 17. Jh. kann man noch ein wenig das "orientalische" Flair vergangener Zeiten spü­ren. Freilich, in den kleinen Läden wird heutzutage fast ausschließlich touristische Ware angeboten.
Bild vergrössernZahlreiche Cafés und Restaurants, einige davon mit Terrassen, die fast bis hinunter zum Fluss ge­hen, säumen heute beidseitig die Neretva. Hier ei­nen türkischen Kaffee zu schlürfen, dort zu Abend essen mit Blick auf den Fluss, die "Stari Most" oder die Koski-Mehmed-Pascha-Moschee kann ein sehr schönes Erlebnis sein. Vom Minarett der Moschee hat man einen herrlichen Blick auf die Brücke und die Stadt.
Während ich schreibe, klingt aus der Ferne ein durch Mark und Knochen ge­hender "Allahu-Akbar-Ruf". Das sind Klänge, bei denen ich schlagartig die Gegenwart vergesse. Wie elektrisiert liefere ich mich dem Ruf des Muezzins aus und fühle mich in der stehenden Luft der Nachmittagshitze wie in eine Trance versetzt. Mag sein, dass auch das leichte Sarajevsko pivo eine Rolle dabei spielt. Ein tiefes Friedensgefühl nimmt mich in Besitz.
Noch vor wenigen Minuten gingen die Brückenspringer mit einer Mütze sammeln, bis schließlich eine schwedische Touristengruppe mit ihrem Trinkgeld den Ausschlag gab. Plötzlich stand der junge Mann von seinem Lotussitz auf, entkleidete sich bis auf die Badehose, und noch bevor ich die Kamera zucken konnte, schwebe er schon – mit den Füßen nach unten – in der Luft, um Sekunden später in die eisige Neretva zu plumpsen.
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Jetzt sind die Tagestouristen – und das ist die Mehrheit – weg, die Sonne geht langsam unter und ein laues Windchen sorgt dafür, dass ich mich auf dieser Terrasse völlig der Entspannung hingeben kann. Die zahlreichen Restaurants sind fast leer, Jugendliche sit­zen am Strand und lassen sich gehen, ein Fischer wartet geduldig auf einen anbeißen­den Fisch.
Bei solch einem friedlichen Ambiente kann man sich kaum vorstellen, was hier während des Krieges stattfand, und nicht nachvollziehen, was für ein Hass zur Zerstörung dieser wunderbaren Brücke geführt hatte.
Im sogenannten Bosnienkrieg hatte im Sommer 1992 die Belagerung Mostars auf­gehört und das jugoslawische Militär begonnen, sich aus Bosnien-Herzegowina zu­rück­zuziehen. Die Menschen hatten begonnen, ihre zerstörten Häuser wieder aufzu­bauen. Aber bereits im Herbst desselben Jahres kam es erneut zu Spannungen, diesmal zwi­schen Kroaten und Muslimen. Paradoxerweise begannen die Kroaten in Mostar einen Kampf um den An­schluss der Westherzegowina an das kroatische Mutterland, während woanders in Bos­nien-Herzegowina Moslems und Kroaten gemeinsam gegen die bos­ni­schen Serben kämpften. 1993 wurde von den kroatischen Nationalisten der unabhängige Staat Herceg Bosna ausgerufen, dessen Hauptstadt West-Mostar sein sollte. Bei den darauffolgenden Kämpfen wurde im  November 1993 schließlich bei einem gezielten Angriff seitens der kroatischen Truppen auch das Wahrzeichen der Stadt, die alte Brücke, zerstört.
Erst im Frühjahr 1994 wurde durch den Druck der USA auf Kroatien ein Waffenstillstand in der Herzegowina erzwungen.
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Wurden in den westlichen Medien meistens die Serben als die "Bösen" in diesem Krieg angesehen, so kann im Falle dieser Brücke auch den Kroaten der Schwarze Peter zu­ge­schoben werden. Wenn man diese friedliche Menschheit auf beiden Seiten der Brücke betrachtet, könnte man meinen, dass die Feindbilder aus ihren Köpfen – wie am Ende eines Spuks – wieder völlig verschwunden sind. Hat die jüngere Generation den Hass überwunden, eine Lehre aus der Geschichte gezogen? Der junge Siniša war 16 Jahre alt, als der Krieg ausbrach.
Freitag, 22. Mai
Blagaj
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Die beiden Angestellten dieses musealen Derwischklosters an der Quel­le der Buna freuen sich zwei­fels­ohne darüber, dass sie, als ich sie fotografiere, nicht in der ty­pischen Pose „steif wie ein Be­sen­stil in die Kamera grinsen“ aufstellen müssen, wie es ihnen tagaus tagein geschieht. Das ist näm­lich ihr Schick­sal wegen der typischen altbosnischen, in der sie ein­gekleidet sind.
Als ich kurz darauf bar­fuß die Räume des Klosters betrete, erlebe ich wieder besinnliche Momente. Welch meditative Kraft geht von diesem Ort aus, zumal, wenn ich zurzeit der einzig Tourist bin. Aus dem Fenster kann man direkt auf eine 200 Meter tiefe Felsen­höhle blicken, aus der die Buna entspringt. Sie mündet nach nur 9 Kilometern in die Ne­retva. Die Bunaquelle ist eine der stärksten Karstquellen in Europa mit einer Schüttung von 43000 Liter pro Sekunde.
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Etwas später genieße ich – auch wieder ohne Touristenmengen um mich herum – im Schatten eines Sonnenschirms mit Sarajevsko-Pivo-Reklame ein kühles Helles, den Blick auf den Wasserfall vor dem Kloster und in der geräuschvollen Stille seines herab­stür­zen­den Wassers. Es übertönt sogar das fröhliche Geschnatter ein paar junger Mäd­chen, die sich ein paar Tische weiter breitgemacht haben.
Die Gegend um Mostar soll die heißeste von ganz Bosnien sein. Obwohl der Schatten und das Wasser kaum die Hitze lindern können, die mir diese "Vorsaison" beschert, könnte ich stundenlang hier sitzen bleiben und von den kühlen Wassergärten eines Sultanspalasts träumen. Stattdessen fahre ich weiter, auch wenn es mich keine fünf Kilometer weiter wieder zu einer schattigen Barterrasse am Fluss zieht. Was für ein Kontrast zur Hitze im nicht klimatisierten Auto und der kargen karstigen Landschaft im Hintergrund! Ich brauche einen Kaffee, um meine von der Hitze und dem Bier einge­schläferten Geister wieder munter zu machen.