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Dienstag, 9. Dezember |
Ein entzückender Tagesbeginn |
Handy- und Internet-Kommunikation ist in Argentinien manchmal Glückssache. Zwischen Esquel und Bariloche versuchte ich vergebens zu telefonieren. Entweder konnte das Gerät (immerhin mit einer argentinischen Guthabenkarte des größten Mobilfunknetzanbieters Movistar bestückt) kein Netz finden, oder es kam die Meldung: „Keine Erlaubnis zur Verbindung“, was immer das bedeuten mochte. Heute morgen streikte dann - nicht zum ersten Mal - das WLAN-Netz der Bungalow-Anlage, gerade als ich eine wichtige E-Mail versenden wollte. |
Also nichts wie ins Zentrum, um die E-Mail zu versenden und den von mir (bei Hertz in Comodoro Rivadavia) hinterlegte Garantie-Coupon (Blankoscheck für den Schadensfall) bei Hertz in Bariloche abzuholen. Wie vermutet war der angeforderte Coupon noch nicht da. Ich überlegte, ob es nicht sinnvoll sein könnte, die Visa-Karte gegen eventuelle Abbuchungen seitens des Autovermieters zu sperren. |
Kurzerhand deklariere ich den Tag zum Einkaufs- und Erholungstag. Also sitze ich im Cafe del Turista und lese das „Argentinische Tageblatt“, die einzige auf Deutsch erscheinende Tageszeitung des Landes. |
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Kuchen nach österreichische Art |
So erfahre ich unter anderem, dass es in Argentinien eine zunehmende Biervielfalt gibt, dass sich die argentinische Präsidentin mit Madonna traf, in Mendoza eine 24-jährige deutsche Touristin beraubt und vergewaltigt wurde, und dass es in Buenos Aires einen Beschluss gab, in den 16.000 Omnibussen der Stadt Schutzkabinen für die Busfahrer einzurichten, um diese vor Überfällen zu schützen. |
Im Drehrestaurant auf dem Cerro Otto |
Herrlich die Aussicht von dieser „confiteria“ (Café/ Restaurant) auf dem Gipfel des Cerro Otto. Der Berg ist ein beliebter Startpunkt von Paraglidern. Er liegt direkt am Nahuel-Huapi-See und ist daher besonders windanfällig. 25 - 30 km/h Aufwind am Startplatz sind keine Seltenheit. Man kann stundenlang gleiten und „Höhe machen“, wie man im Jargon sagt. |
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Ausblick von der „Confiteria giratoria“ |
Landschaften und Erinnerungen |
Diese „cafeteria giratoria“, die in exakt 18,5 Minuten eine Umdrehung macht, funktioniert wie eine Erinnerungsmaschine. Es ist tröstlich, dass Erinnerung bleibt, so lange jemand da ist, der sie aus sich heraus wecken kann oder Zeichen aus der Vergangenheit interpretieren kann.
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«Liebe Tante Helga, dort, wo du jetzt bist, nämlich einzig und allein in meinen Gedanken, kannst du nicht mehr sehen, wie die Landschaft, in der du so viele Jahre deines Lebens verbracht hast, wie das Rad des Lebens angsam vor meinen Augen vorbeizieht: Das Städtchen Bariloche, wo Onkel Willi und du die Buchhandlung am Mitre bis zu eurer Pensionierung geführt habt, der Cerro Catedral, wo ihr während vieler Winter die Skipisten hinab gesaust seid, und die Zacken des majestätischen Cerro Tronador, den ich auf euren Fotos und Ansichtskarten so oft bestaunte.» |
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Onkel Willi und Tante Helga |
Ab und zu ereilt mich der Gedanke – oder ist es ein Wunsch? –, dass alles, was geschehen ist, irgendwie in einem allumfassenden Gedächtnis festgehalten wird, wie Evergreens auf einer Schellackplatte. Manchmal löst eine Kleinigkeit Erinnerung aus, und schon sind Menschen, Ereignisse und Bilder wieder gegenwärtig, als gebe es sie tatsächlich immer noch.
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Wie groß ist dieser Nahuel-Huapi-See! Von hier oben auf 1405 Meter ist der Ausblick auf diesen See, der etwas größer als der Bodensee ist, beeindruckend. Wegen seiner geringeren Breite ist er aber wesentlich länger als dieser, fast die Strecke von München nach Garmisch-Partenkirchen. Und er ist nur einer von insgesamt sieben Seen. Allein der Lago Mascardi beträgt zwei Drittel der Fläche des Starnberger Sees. Und seine Küste ist nicht zugebaut von den protzigen Häusern der oberen Zehntausend. Leere, Einsamkeit, Stille. Unvorstellbar im überbevölkerten Mitteleuropa! |
Mittwoch, 10. Dezember |
Kälteeinbruch |
Regen. Graues, kühles Wetter. Was für eine herrliche Gelegenheit zum Nichtstun! Ich fahre zum Mitre, verzehre ein paar empanadas im Schnellrestaurant Friends, und verbringe dann eine paar Stunden im Cafe del Turista - bei cafe con leche und vienesas (Süßgebäck). Zeit zum Lesen und für ein wenig Weiterbildung. Man könnte Argentiniens Geschichte allein anhand ihrer Straßennamen kennen lernen. |
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Abbild Mitres auf dem Zwei-Pesos-Schein |
Der Mitre (eigentlich Calle Bartolomé Mitre) – eine Straße mit diesem Namen gibt es in jeder argentinischen Stadt – ist nach Bartolomé Mitre Martínez (1821-1906) benannt, der von 1862 bis 1868 Präsident der Republik Argentinien war. Mitre wurde 1862 zum Präsidenten gewählt. |
Donnerstag, 11. Dezember |
Ein wenig Geschichte |
"Campaña del Desierto“ (Wüstenfeldzug) wird in Argentinien die Kampagne des Generals Julio Argentino Roca genannt, die zur Eroberung des Südens führte. Innerhalb weniger Jahre, von 1878 bis 1885, dezimierte Rocas Armee die Völker der patagonischen Indianer. Was ihr nicht gelang, das vollzogen dann die „Grundbesitzer“ indem sie die Überlebenden jagten. |
Nach diesem Feldzug, der Roca den Beinamen Conquistador del Desierto (Eroberer der Wüste) brachte, wurde der General sogar argentinischer Präsident. Noch heute ziert sein Konterfei den Hundert-Pesos-Geldschein dieses Landes. Die Geschichte, wie sie in den argentinischen Schulen unterrichtet wird, deutet den „Wüstenfeldzug“ als eine Notwendigkeit der nationalen Staatshoheit und als Voraussetzung für die Ausdehnung des Landesgebiet, was das Aufblühen des modernen argentinischen Staates und seine Entwicklung zu einem erfolgreichen Ausfuhrland landwirtschaftlicher Produkte erst möglich machte. |
Während die einen in Roca den Erschaffer des modernen Argentiniens sehen, zögern andere keinen Augenblick, ihn als Völkermörder zu bezeichnen und nennen ihn infolgedessen „Julio Asesino Roca“ in bissiger Verballhornung seines Namens. Aus „Argentino“ wird „Asesino“ (Mörder). |
Es ist schwer, sich eine Meinung zu blilden. In einem Zeitungsartikel habe ich gelesen, dass sich die Mapuche-Indianer, ein indigenes Volk, dessen Siedlungsgebiet sich ursprünglich im mittleren Norden Chiles befand, Anfang des 19. Jahrhunderts im Südosten Argentiniens niederließen und in diesem Prozess die einheimischen Tehuelche-Indianer verdrängten und dezimierten. |
Anderswo konnte ich auch lesen, dass die Mapuche, die nach Patagonien übersiedelt waren, als Nomaden von der Viehzucht lebten und des öfteren die Landschaften Argentiniens plünderten. Dabei raubten sie den Weißen das Vieh, manchmal machten sie auch Gefangene. Nach diesen Einfällen (den sogenannten „malones") wurde das gestohlene Vieh meistens nach Chile gebracht, um gegen andere Waren eingetauscht zu werden. Die Entscheidung, die „Wüste“ zu erobern, könnte 1872 gefallen sein, als der Mapuche-Häuptling Calfucurá zusammen mit 6.000 Anhängern verschiedene argentinische Städte überfiel, wobei 300 Bewohner starben und 100.000 Stück Vieh geraubt wurden. |
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Mapuche-Krieger |
Diese Sicht der Dinge ließ mir keiner Ruhe. Ich recherchierte im Internet, konsultierte Bücher, las und las, und stieß dabei auf widersprüchliche Aussagen. |
Über die „Eroberung“ des Landes seitens der Mapuche berichten die meisten Quellen völlig konträr. Da ist nämlich von der Araukanisierung die Rede, einem Begriff, mit dem man das Vordringen der Kultur der Mapuche (auch Araukaner genannt) bezeichnet, auch mit deren Sprache, dem Mapudungun, auf das Gebiet des heutigen Patagoniens. Dieser Prozess vollzog sich zwischen den Jahren 1550 and 1850 und betraf fast den gesamten Süden Südamerikas. |
Diese Quellen sprechen aber keineswegs von „Ausrottung“, vielmehr von einer Vermischung der einheimischen Tehuelche (das ist der kollektive Name für die eingeboren Stämmen Patagoniens und der südlichen Pampa-Region) mit den Mapuche, von denen sie die Sprache und Elemente der Kultur übernahmen. Dieser Prozess endete, als die Mapuche Ende des 19. Jahrhunderts von den Streitkräften Argentiniens und Chiles bezwungen, unterworfen und in manchen Fällen systematisch ausgerottet wurden. |
Ramón Lista, der Ende des 19. Jahrhunderts fünf Jahre lang Gouverneur des Territorium Santa Cruz war, kam zu dem Schluss, dass das Verschwinden der Tehuelche hauptsächlich durch Tuberkulose, Syphilis, Alkohol und das skrupellose Verhalten der chilenischen und argentinischen Obrigkeit verursacht wurde. |
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General Roca und seine Offiziere |
Der „Wüstenkrieg“ muss allerdings auch im Kontext der strittigen Gebietsansprüche zwischen Argentinien und Chile betrachtet werden. Die junge Republik Argentinien beanspruchte das ganze Land südlich von Buenos Aires und östlich der Anden für sich. Die argentinischen Behörden wussten, dass die starken Verbindungen der araukanisierten Stämme mit Chile diesem Land große Einflussmöglichkeiten über Patagonien gewährte. Es war zu befürchten, dass in einem etwaigen Krieg mit dem Nachbarland sich die patagonischen Stämme auf die Seite Chiles schlagen würden. |
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich nur wenige europäische Siedler als Viehzüchter oder Bauern in den großen Ebenen Patagoniens angesiedelt. Argentinien fühlte sich dazu gezwungen, ihre Ansprüche auf das Land zu untermauern. Aber beanspruchen allein genügte nicht, es mussten Tatsachen geschaffen werden. „Wer regieren will, muss das Land besiedeln“. Und weil Patagonien aber keineswegs eine menschenleere „Wüste“ war, sondern von Zehntausenden Mapuche und Tehuelche bewohnt war, musste das Land erstmal entvölkert werden. Da waren die Überfälle der Mapuche eine willkommene Ausrede. |
Wie auch immer man die Umstände beurteilt, die zum „Wüstenfeldzug“ führten, sein Ziel war klar: Das Land zu entvölkern und seine Naturressourcen in Besitz zu nehmen. Tausende wurden getötet. Etwa 10.000 Personen wurden gefangen genommen, und mehr als 3.000 nach Buenos Aires gebracht, wo sie nach Geschlecht getrennt wurden. Die Frauen wurden als Domestiken eingesetzt während ein Teil der Männer auf die Insel Martín García verlegt wurde, wo sie innerhalb weniger Jahre zum größten Teil starben. Die Männer, die die Gefangenschaft überlebt hatten, wurden zwangsrekrutiert oder als Landarbeiter auf die großen Estancias Argentiniens verteilt. |
Nach der Niederlage der Mapuche im „Wüstenkrieg“ begann der argentinische Staat deren Land aufzuteilen. Es wurden enorme Großgrundbesitze geschaffen, manche auf der damals bestehenden Rechtsgrundlage, aber auch viele in offenem Bruch geltender Siedlungsgesetze. Zwischen 1882 und 1887 wurden mehr als 11 Millionen Hektar Land verteilt, allein 15.000 für General Roca, 2,5 Millionen für die Familie Martínez de Hoz und 5 Millionen für höhere Offiziere. |
Freitag, 12. Dezember |
Puerto Blest |
Man stelle sich folgende Situation vor: Ein feines Restaurant. Blütenweiße Tischdecken, Porzellanteller mit Goldrand, Silberbesteck, feinste Kristallgläser, kunstvoll gefaltete Servietten. Zuerst werden die Aperitifs serviert. Das Glas mit gezuckertem Rand ist mit einer halben Zitronenscheibe garniert. Bevor man aber überhaupt am Getränk genippt hat, bemächtigt sich eine weißbehandschuhte Hand unsanft des Trinkgefäßes. Wie appetitlich sehen die zahlreichen kleinen Teller mit köstlichen Vorspeisen aus! |
Aber Achtung! Ein in eine Olive gestecktes Zahnstocherfähnchen mahnt: „Zugriff verboten“. Verstohlen schnappt man sich eine winzige Garnele aus der Mayonnaise und blickt schuldbewusst um sich. Als ein livrierter Kellner mit einem silbernem Schöpflöffel die noch dampfende Kürbiscremesuppe einschenkt, setzt man auf Tempo und greift sofort zu. Wie von Zauberhand verschwindet dann der noch volle Teller, um Platz für den Hauptgang zu machen. Bei dem hat man noch weniger Chance. |
Diese grausame Vision ist nur eine Metapher für das, was ich beim heutigen organisierten Schiffsausflug erlebte, der uns entlang des Brazo Blest, eines Seitenarms des Lago Nahuel Huapi, zum Wasserfall von Los Càntaros, nach Puerto Blest und dem Lago Frías brachte. Wenn man an die Stelle der Speisen die Wälder, den Wasserfall und die Flüsse stellt, die Butler in Touristenführer und Parkwächter verwandelt, dann kommt man dem von mir Erlebten ziemlich nahe. |
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Kekse für die Möwen |
Eine gewisse Freiheit herrschte noch an Bord des Katamarans, wo sich die Ausflügler immerhin völlig frei gegenseitig auf die Füße treten konnten, ununterbrochen mit vorgestreckten Armen Landschaft und Partner fotografierten und Unmengen von überteuerten Keksen kauften, um sie an die Möwen zu verfüttern, die sie ihnen im Tiefflug aus der Hand wegschnappten. Damit sie sich dieses Verhalten aneignen, werden die Vögel jahrelang von den Keks-Herstellern in speziell für diesen Zweck geschaffenen Kursen trainiert. |
An Bord konnte ich mich ungestört für das Blau, das Grün, die Sonne und das Wasser und für die dichten Zypressen- und Coihue-Wälder auf den umliegenden Bergen begeistern. Immerhin dauerte dieser Zustand, der mich bis in den fjordähnlichen Seearm „Brazo Blest“ begleitete, mehr als eine Stunde. |
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Am Ende des Brazo Blest des Nahuel-Huapi-Sees |
Schließlich erreichten wir Puerto Cántaros (eigentlich nur eine Anlegestelle), welcher sich gegenüber Puerto Blest (eine Anlegestelle, ein Hotel und ein Schnellrestaurant) befindet. Wir befanden uns bereits im Gebiet des Urwaldes Selva Valdiviana, in einer der regenreichsten Zonen des Landes (mit 4000 mm Niederschlag pro Jahr). |
Von Puerto Cántaros erreichen wir zu Fuß, über einen markierten Weg den Los-Cántaros-Wasserfalls. Von hier aus sind es nur ein paar hundert Meter bis zum kleinen See, wo der Wasserfall entspringt. Das klingt abenteuerlich und vielversprechend, nicht wahr? |
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Der Cántaros-Wasserfall |
Aber wie es so ist bei organisierten Touren, war kein Schritt dem Zufall, und schon gar nicht der individuellen Freiheit überlassen. Wie eine folgsame Herde marschierten wir entlang des kleinen, für uns Touristen vorgesehenen Pfades – individuelles Abweichen unmöglich! Die Minuten waren fest auf die verschiedenen Aussichtsstellen aufgeteilt und rechts und links unseres Weges war eine imaginäre oder durch Verbotsschilder gekennzeichnete Grenze. |
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Der Lago Cántaro |
Es umgab uns ein einzigartiger immergrüner Wald mit sehr dichtem Unterholz, Lianen und Kletterpflanzen, Lärchen und exotisch anmutenden Pflanzenspezies wie dem Coihue (Nothofagus dombeyi), der Guaitecas-Zypresse (Pilgerodendron uviferum), der weidenartigen Steineibe und dem Fuinque-Baum (Lomatia ferruginea) mit seinen farnähnlichen Blättern charakterisiert die Gegend. Die ständig feuchte Atmosphäre – der heutige extrem klare Tag war wohl eine Ausnahme – fördert zudem die Entwicklung von Kräutern, Moosen und Pilzen. Das Unterholz und die niedrigen Sträucher machen ein Eindringen fast unmöglich. |
In unmittelbarer Nähe des Lago Cántaro befindet sich ein mehr als 1500 Jahre alter Alerce-Baum (Patagonische Zypresse). Das älteste offiziell registrierte Exemplar Argentiniens steht allerdings im Nationalpark Los Alerces. Sein Alter wird auf 2600 Jahre geschätzt. |
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Der 1500-jährige Alerce-Baum |
Nach einer halben Stunde setzten wir unsere Bootsfahrt fort und erreichten wenige Minuten später Puerto Blest, wo wir uns im genannten Schnellrestaurant, der den Flair einer Werkskantine ausstrahlt, stärkten. |
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Puerto Blest |
Mit drei Bussen wurden wir dann von der Bucht entlang des Río Frías zum gleichnamigen See gebracht. Zehn Minuten schauen und knipsen und schon ging es zurück. Natur im Schnelldurchlauf! Mein Traum? Solche Naturschönheiten mit Zeit und viel Bewegungsfreiheit erleben zu können. Und dennoch: Gelohnt hat sich der Ausflug auf jeden Fall |
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Am Lago Frío |
Samstag, 13. Dezember |
Bosque des Arrayanes |
Ich bin wieder auf dem Nahuel-Huapi-See unterwegs. Neben mir an der Reling sitzen zwei entzückende alte Damen. Ihren Hüten nach zu urteilen kann es sich nur um zwei Britinnen handeln. Mit einer kleinen Digitalkamera in der Hand und einem sanften Lächeln im Gesicht blicken sie in Richtung Ufer. Mir ist heute auch nur nach Sitzen zumute: Es ist, als säße ich vor dem Fernseher, nur mit dem Wind, der mir ins Gesicht bläst! |
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Auf dem Boot |
Unser Ziel ist der Parque Nacional Los Arrayanes. Er umfasst fast die ganze 12 Kilometer lange Halbinsel Quetrihué im Nahuel-Huapi-See. Der ausschließlich in Chile und Argentinien beheimatete Arrayán (Luma apiculata) aus der Fmilie der Myrtengewächse, ist ein immergrüner Baum, der eine Höhe von mehr als 15 Metern erreichen und bis zu 600 Jahre alt werden kann. Das Besondere an disem Baum ist aber seine feine, glatte Rinde, die in allen erdenklichen Braun-, Zimt- und Ziegelrot-Tönen schimmern kann. |
Dieser Wald ist einzigartig auf der Welt. Wenn man ihn betritt, besonders wenn an einem heiteren Tag die Sonnenstrahlen durch das dunkelgrüne Laub lugen, gerät man unausweichlich und augenblicklich in den Bann einer fast unwirklichen, zauberhaften Stimmung. So kann es einem jedenfalls ergehen, falls nicht Scharen von laut plappernden Touristen die Seifenblase des Zaubers zum platzen bringen. |
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„Walt-Disney“–Blockhaus |
1942 kam Walt Disney hierher. Er entdeckte den zauberhaften Myrtenwald und war von ihm ganz eingenommen. Man sagt, dass er lange Zeit in dem kleinen Blockhaus verweilt habe, das bereits damals als Teehaus diente. Immer wieder habe es den berühmten Mann in den geheimnisvollen, „verzauberten“ Myrtenwald gezogen, und diese Streifzüge sollen ihn letztlich zu den Bildern und den Vorstellungen inspiriert haben, die seinen Zeichentrickfilm „Bambi“ zum Welterfolg machten. |
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Arrayanes |
Immerhin schaffe ich diesmal das, was mir beim letzten Besuch vor drei Jahren nicht gelungen war: nämlich ungestört von den Menschenmengen dieses Blockhaus zu fotografieren, in dem Disney seine Eindrücke für den Film zu Papier gebracht haben soll. |
Mein Trick ist simpel: Bei der Landung ist unser Ausflugschiff das einzige am Landungssteg. Der Rundweg durch den Arrayanes-Wald erfolgt (laut Hinweisschild) entgegen den Uhrzeigersinn nach rechts. Das hat seinen Grund, denn auf diese Weise erreichen die Besucher die genannte Blockhütte erst am Ende ihres Rundgangs und sind somit eher für eine kleine Stärkung zu haben. Ich entscheide mich aber für die entgegengesetzte Richtung und kann deshalb bereits nach wenigen Minuten das berühmte Häuschen aus rotbraunen Holzstämmen erreichen. Auch den Rest meines Weges bin ich deshalb allein auf Du und Du mit dem Wald, nur einmal kommen mir die Massen entgegen, die sich aber bald wieder von mir entfernen, wie die von einer Straßenlaterne geworfenen Schatten, wenn man eine Straße entlang spaziert. |
Isla Victoria |
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Die nächste Etappe ist die Isla Victoria, eine schmal und langgestreckte Insel mitten im Nahuel-Huapi-See, auf der wir uns ein paar Stunden aufhalten. Nachdem das Boot angelegt hat, marschiere ich wieder gezielt in die zur Touristenschar entgegengesetzte Richtung. |
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Zu dieser Jahreszeit ist die Insel ein gelbes Wunder, dank dem Ginster. Überall wuchern diese, von den Einheimisch als Plage empfundene Sträucher. Sie sind für mich aber einzig und allein ein Augenschmaus. Um die schöne Natur besser zu genießen, verzichte ich auf den üblichen Aufenthalt in der Cafeteria, obwohl sie dort vorzügliche Empanadas haben. |
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