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Goslar |
"Wem sollte sie unbekannt
sein - diese einstige, beliebte Residenz deutscher Kaiser,
diese vormalige Fürstin der Städte in der Nachbarschaft
weit umher, welche an Alter fast alle ihre Schwestern
im Königreiche Hannover übertrifft, und in welcher
einst Heinrichs IV. Wiege stand? Wohl ist ihres höchsten
Ruhmes goldner Glanz verronnen; aber sie trauert nicht
trostlos um den entschwundenen Glanz. Dort liegt sie im
friedlichen Thale, von himmelanstrebenden Bergen
umkränzt, - ein Bild der Ruhe, welche vergangener
Zeiten gedenkt." |
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Goslar: Marktplatz |
Fassade der Kaiserworth |
Glockenspiel filmen |
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Ja, der Glanz vergangener
Zeiten ist tatsächlich verronnen. Die Moderne mit
ihren architektonischen Fremdkörpern, dem ausufernden
Kommerz und dem allgegenwärtigen Auto,
diesem Krebsgeschwür unserer Zeit, hat längst
Einzug gehalten. Auch in Goslar hat das Automobil zugeschlagen
mit Lärm, Abgasen, der permanenten Stadtmöblierung
der abgestellten Fahrzeuge, den Parkplätzen, die
wie riesige Zahnlücken im Gesicht der Stadt aussehen
und den Tausenden von beschilderten Metallspargeln,
den Verkehrsschildern. |
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Touristen in Goslar |
Fachwerkhäuser in Goslar |
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Nein, auch wenn diese Stadt
zu den Weltkulturerbestätten der UNESCO zählt,
sie spricht nicht zu meinem Herzen. Vielleicht fehlt mir
die Fantasie, vielleicht nur die Fähigkeit des selektiven
Sehens, aber die vielen kopfstein-gepflasterten Gassen
in der Altstadt, die zweifelsohne wunderschönen Winkel,
in denen man sich ins Mittelalter versetzt fühlt,
die Türme und Kirchen, die Fachwerkhäuser und
vor allem der beeindruckende Marktplatz, so schön
sie auch sind, sie vermitteln mir nicht eine städtisch-anheimelnde
Atmosphäre, wie ich sie in Wernigerode erlebt habe,
denn sie sind nicht vom Modernisierungs- und Kommerzialisierungswahn
der 1960er und 1970er Jahre verschont geblieben. Es ist
ein Nebeneinander von architektonischer Pracht und nüchternen
zweckgebundenen Bauten, von Stein- und Fachwerkbauten
und Beton, von versteckten, intimen Ecken und von schreienden
Waren strotzenden überdimensionierten Kaufhäusern. |
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Goslar – Verschandelung eines Werbekulturerbes |
Botero-Skulpturen |
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Für einen eher gemütvollen
Menschen wie mich ist es ernüchternd, keine Knechte,
Gesellen, Mägde oder Handwerksmeister durch die Straßen
laufen zu sehen, nur Massen von digitalkamerabewaffneten
Touristen, die alles fotografieren, was ihnen der Reiseführer
als sehenswert empfohlen hat. |
Ich muss kurz innehalten,
um den Fluss meiner Kritik zum Stoppen zu bringen.
Nur nicht übertreiben mit der Schwarzseherei, mein
Lieber, zuerst hinsetzen, Kaffee trinken, entspannen
... dann sieht man die Welt, und mit ihr auch Goslar, in einem
ganz anderen Licht. Und tatsächlich: Kaum sitze
ich in einem kleinen Café mit Aussicht auf eine
schöne Ecke, kaum wärmt mir eine schwache Sonne
das Gesicht und lächelt mich der Tischnachbar freundlich
an, schon bin ich wieder glücklich und zufrieden
mit dieser Stadt. In Augenblicken innerer Unruhe darf
man vieles denken, nur nicht unbedingt daran glauben. |
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