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Bildatlas
Thüringer Wald |
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Radwander- und Wanderkarte Hildburghausen
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Samstag, 6. Oktober 2007 |
Die lange Anfahrt |
Hinkommen ist das
Problem, da bildet keine meiner Reisen eine Ausnahme.
Diesmal ist es ein 20 km langer Stau, der mich gleich
nördlich von München heimsucht und meine Laune
gründlich verdirbt. Und weil früh aufstehen
nichts ist, worin ich geübt bin, und ich drei
Stunden nach der Abfahrt wegen des Staus noch nicht einmal
bei Nürnberg bin, fange ich unausweichlich an, unruhig
zu werden. Das Stresswarnlämpchen
leuchtet dunkelrot auf! Glücklicherweise kenne ich
meinen inneren Pappenheimer und kann mit ihm
umgehen. Also setze ich meine bewährte Taktik gegen
Belastung und Unlust auf Reisen ein. Und das
heißt: Nur kurze Etappen machen, rechtzeitig
ein schönes Fleckchen aufsuchen, und so
bald wie möglich in einem gemütlichen Lokal
zu den Soforthilfe-Maßnahmen (Lese: Speis
und Trank) übergehen. |
Im speziellen Fall
beschließe ich, den Thüringer Wald anzusteuern,
da ich ihn noch nicht kenne und ich mir dieses waldreiche
Mittelgebirge, dessen höchste Erhebung immerhin 982
m erreicht, noch ursprünglich und romantisch vorstelle. |
Als ich jenseits
der ehemaligen DDR-Grenze über die neue, überdimensionierte
und fast leere Autobahn fahre, rechts und links nur einsame,
auf sanften Bergrücken gelegene und unendlich groß
scheinende Wälder, da habe ich den Stau, das graue
Wetter und jegliche schlechte Laune längst vergessen.
Immer wieder zwingen mich die noch nicht fertiggestellten
Streckenabschnitte dazu, auf Landstraßen auszuweichen,
was mein Wohlgefühl aber noch mehr steigert.
Denn nun bin ich wahrhaftig auf Tuchfühlung mit einem
Deutschland, dessen Ambiente im Westen kaum noch zu finden
ist. |
Schleusingen |
Welch eine Überraschung,
dieses Städtchen. Dank einer Umgehungsstraße
bleibt dem Zentrum mit seinem von jungen Linden umsäumten
Marktplatz der Durchgangsverkehr erspart, weshalb
dort eine ungewohnte Stille herrscht. Diese wirkt, unterstützt
vom fast intakt gebliebenen Stadtbild, wie eine Zeitmaschine
auf mich. Und gerade als ich aus dem Auto steige, bricht
auch noch eine schwache Sonne durch den Hochnebel und
lässt das herbstverfärbte Laub aufleuchten.
Schwuppdiwupp – und es ist um mich geschehen. Der
Ort ist wie verzaubert. Ich schlendere mit großen
Augen durch seine alten Gassen, und es scheint mir, als
würde ich einen Abstecher in längst vergangene
Zeiten unternehmen. Das Wahrzeichen der Stadt, die Bertholdsburg
[],
ein von vier Türmen flankierter Renaissancebau
mit prächtigen Portalen, wuchtig und imposant, beeindruckt
mich nicht minder. |
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Schleusingen (Thüringer Wald) |
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Auf dem Marktplatz
steht auch gleich das Hotel "Zum Goldenen Löwen"
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dessen Chefin mich mit großer Liebenswürdigkeit
willkommen heißt. Nicht weniger freundlich ist ihre
junge Tochter, die mir das Zimmer zeigt, ein zartes, einnehmendes,
Wasser-und-Seife-Mädchen, das ich von der Stelle
wegadoptieren könnte. Der Nachmittag scheint sich
völlig zu meiner Zufriedenheit entwickelt zu haben.
Nur das Abendessen werde ich nicht im Hotel zu mir nehmen
können. Denn alle Tische des Restaurants sind bereits
für eine laut schnatternde Gesellschaft (ein Klassentreffen)
reserviert. |
In diesem von der Moderne noch
nicht zerstörten kleinen Ort scheinen auch die Gerüche
tief in die Schatzkammer meiner Erinnerungen zu greifen.
Hier Holzfeuerrauch, dort ein Geruch von nassem Laub und
anderswo ein die Luft durchdringender köstlicher
Duft von frisch gebratenen Speck. Wörtlich "der
Nase nach" zieht es mich bald ins Gasthof "Zur
Sonne". Dass auch in diesem Lokal gerade ein Klassentreffen
stattfindet, ist mir nicht zum Nachteil, denn der
Trubel hat sich diskret in einen Nebenraum zurückgezogen.
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Jede meiner Reisen sollte – meiner
Absicht nach – auch zu einem kleinen kulinarischen
Abenteuer werden, ich erhoffe mir insgeheim
schmackhafte Überraschungen, eigenständige
Gerichte von ihr. Womit ich keinesfalls die
"gehobene" Haute Cuisine meine, ganz
im Gegenteil. Mir ist Bodenständiges lieber, regionale
Spezialitäten sind meine Favoriten. Nur ungern greife
ich, wenn ich unterwegs bin, auf jene Standardgerichte
zu, die man inzwischen überall, von Südtirol
bis zur Nordsee, vom Rheinland bis nach Tschechien, Polen
und Ungarn aufgetischt bekommt. Auch in diesem Sinne heißt
es bei mir "No global!". Ein Schnitzel "Puszta
Art" möchte ich, bitteschön, höchstens
in Ungarn serviert bekommen und auf einen "Knackigen
Salat mit Putenstreifen", diese vermeintlich
gesunde Verlegenheitskreation der Neuzeit, kann ich, ohne
eine Träne zu vergießen, verzichten. |
Bei diesen Voraussetzungen
ist es nur selbstverständlich, dass ich kein Erdinger
Weißbier bestelle, sondern ein – köstliches – Köstritzer Schwarzbier vom
Fass, "das Schwarze mit der blonden Seele".
Schließlich kann dieses Bier aus Thüringen
auf eine lange Geschichte zurückblicken. Und als
Hauptgericht genehmige ich mir – leider stehen traditionelle
Rezepte wie Thüringer Mutzbraten, Thüringer
Linseneintopf süßsauer oder
Stupper mit Speck nicht auf der Speisekarte – eine Rinderroulade mit Thüringer (!) Klößen
und Apfelrotkraut. |
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