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Rosstrappe, Teufelsmauer und
der Stein der Weisen |
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Harz mit Kindern |
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ADAC Reiseführer Harz: Goslar, Halberstadt, Quedlinburg,Wernigerode |
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Quedlinburg |
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Dienstag, 9. Oktober 2007 |
Die Sage von der Rosstrappe |
Als vor langer, langer
Zeit – die älteren Leser werden sich gewiss daran
erinnern – noch Riesen den Harz bewohnten, kam aus
Böhmen der König Bodo, um beim Riesenfürsten
um die Hand seiner Tochter Brunhild zu werben. Die Prinzessin
aber wies den wilden Riesen ab. Da wurde dieser wütend.
Wenn sie mich nicht heiraten will, dachte er, dann werde
ich sie dazu zwingen. Eines Tages versteckte er sich also
hinter einem Felsen und lauerte ihr auf. Bald darauf kam
Brunhild auf ihrem schneeweißen Pferd vorbeigeritten.
Bodo stellte sich ihr in den Weg. "Brunhild, hast
du es dir überlegt? Willst du meine Frau werden?"
fragte er sie erneut. Aber Brunhild antwortete nicht,
sondern trieb ihr Pferd an und ritt so schnell sie konnte
davon. |
Bodo verfolgte sie
auf seinem Pferd. Kreuz und quer floh Brunhild durch den
dichten Wald, doch es gelang ihr nicht, ihren Verfolger
abzuschütteln. Ihr Pferd sprang, so schnell es konnte,
von Berg zu Berg. Doch plötzlich bäumte es sich
wild auf. Vor ihm gähnte ein tiefer Abgrund. Derweil
war Bodo in bedrohliche Nähe gekommen. "Du kannst
mir nicht entkommen!", rief er Brunhild zu. Da streichelte die schöne Königstochter
noch einmal ihr Pferd, drückte ihm die Sporen in
die Seiten und setzte zum Sprung über die tiefe Schlucht
an. Der Sprung – ein Märchen lässt kein anderes
Ergebnis zu – glückte. Beim Aufsprung schlug das
Pferd mit dem Vorderhuf tief in den harten Stein. Der
Abdruck ist noch heute zu sehen. Brunhild war gerettet,
nur die schwere goldene Krone, die sie auf dem Kopf getragen
hatte, fiel hinab in die Tiefe. Bodo, sinnlos vor Wut,
versuchte ebenfalls, die andere Seite zu erreichen,
aber er stürzte in den Fluss, der seitdem nach ihm
"Bode" genannt wird. |
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Die Sage erzählt
weiter, dass Bodo in einen schwarzen Hund verwandelt wurde
und noch heute die Krone bewacht. Viele haben schon versucht,
die Krone aus der Bode zu holen. Sie mussten alle sterben.
Wenn in dunklen Nächten der Sturm heult und die Tannen
entwurzelt, heult auch der Hund in der Bode. |
Der vermeintliche Hufabdruck gab der Rosstrappe ihren
Namen. Die Wissenschaft vermutet, dass es sich bei diesem
Felseindruck um Verwitterungsreste eines germanischen
Opferbeckens handelt.
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Friedrich Gottlieb Klopstock
schrieb darüber: |
Druiden
haben und Barden, mit erobertem
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Eisen,
in den Felsen gehaun das einzige Maal
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Der
Urjahrhunderte Deutschlands,
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Den
Huf des heiligen weissen Rosses.
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Da stehe ich also
und bin überwältigt. Welche schwindelnde Tiefe
vor meinen Augen, welche Weite, welche Anmut! Der Rosstrappfelsen,
der senkrecht wie eine Riesenmauer ins Bodetal stürzt,
ist eine gewaltige Granitklippe, die 250 Meter über
dem Wasserspiegel der Bode aus der Felswand heraustritt.
Rund um den Felsen, nur schroffe Abgründe, und weit,
weit unten die beeindruckende, tief im granitenen Felsen
eingegrabene Furche der Bode, beim Anblick derer mir nur
Großes und Erhabenes in den Sinn kommt. Weder gelingt
es meinem Auge, alles auf einmal einzurahmen, noch vermag
es mein Verstand, meine Empfindungen in Worte zu fassen. |
Ein Touristenpaar reißt
mich abrupt aus meinem geistigen Schwebezustand: "Weißt
noch?", posaunt der Weitgereiste in die Stille hinein,
"Genauso war's auch im Grand Canyon". Dann schlägt
der schwergewichtige Mann seiner auch nicht gerade grazilen
Partnerin vor, ins Tal hinunter zu wandern: "Da musst
mich aber huckepack tragen!", ist die begeisterte
Antwort. Das ist – beim besten Willen – kaum vorstellbar!
Zeit, dass ich weiterziehe. |
Quedlinburg |
Bereits die Ausmaße
des Marktplatzes lassen vermuten, dass Quedlinburg einmal
eine sehr bedeutende Stadt gewesen ist. Auch die breite
Front des Rathauses weist darauf hin. Im frühen Mittelalter
war die Stadt an der Straße der Romanik sogar eine
der wichtigsten Königspfalzen. Seit 1994 steht nun
Quedlinburgs architektonisches Erbe auf der
UNESCO-Liste des Weltkulturerbes und macht die Stadt,
dessen historisch bebauter Stadtkern sich über
mehr als 90 ha erstreckt, zum größten Flächendenkmal
in Deutschland. Der riesige Bestand von mehr als 1200
Fachwerkhäusern einzigartiger Qualität und aus
allen Stil- und Zeitepochen dokumentiert mehr als sechs
Jahrhunderte Fachwerkbau. Weswegen Quedlinburg als ein
Musterbeispiel der Entwicklung des Fachwerkbaus schlechthin
betrachtet werden kann. |
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UNESCO-Weldkulturerbe Quedlinburg |
Schild mit Rolandsstautue |
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Nur schade, dass
mir, von Hunger und einem weiteren menschlichen Bedürfnis
getrieben und als Fotograf vom Himmel, der sich
diesig-weiß gebärdet, in Stich gelassen,
vorübergehend jegliche Objektivität abhanden
gekommen ist. So wird meine Aufmerksamkeit eher auf
die Mängel als auf die Glanzpunkte dieser Stadt geleitet.
So stört mich etwa die Misshandlung, die manch ein
prachtvolles Fachwerkhaus erlitten hat, indem es
brutal aufgeschlitzt, im Erdgeschoss entkernt und durch
Riesenschaufenstern verschandelt worden ist,
oder eine große als Parkplatz genutzte unbebaute
Fläche, die das ansonst geschlossene Altstadtensemble
zerreißt. |
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UNESCO-Weldkulturerbe Quedlinburg |
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Die Geduld meiner Fantasie ist beschränkt. Erinnert
mich doch das alles an den Brutalismus im
Städtebau, der im Westen in den 1960er und 1970er
Jahren tobte und ohne jegliches Verständnis für
kleinteilige, in sich geschlossene Strukturen den Innenstädten
ein "modernes" Erscheinungsbild zu geben versuchte.
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UNESCO-Weldkulturerbe Quedlinburg |
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Dabei hält sich
dies in Quedlinburg durchaus in Grenzen. Und nur die Tatsache,
dass ich hungrig und angespannt durch die verwinkelten
Gassen und wunderbaren kleinen Plätze ziehe, trübt
meinen Blick. Nicht unerwähnt möchte ich lassen,
dass das reichliche Angebot an Pommes, Currywurst,
Cheeseburgern und sonstigem Fastfood zur Erkenntnis führt,
dass das kulinarische Erbe hier leider nicht unter Denkmalschutz
stand. |
Wie es auch sei.
Der erste Eindruck, durch was auch immer hervorgerufen,
bleibt ausschlaggebend. Da hilft mir auch keine noch so
gute Torte im Kreise der vielen liebenswürdigen älteren
Klatschtanten im Hotel Theophano. Kurz entschlossen verwerfe
ich den Gedanken, mich länger in Quedlinburg aufzuhalten.
Es zieht mich weiter. |
Wernigerode |
"Alle Städte
den Harz hinauf, den Harz hinab haben ihre Schätze
und Kostbarkeiten, keine aber ist so reich und bunt wie
Wernigerode. Alles ist da, was das Herz begehrt: Lustiges
Treiben und träumerische Stille, städtische
Eleganz und dörfliche Einfachheit, sie ist die Stadt
der Gegensätze, die zu einer stimmungsvollen Einheit
verschmolzen sind." (Hermann Löns, 1907)
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Während ich
– genussvoll eine heiße Schokolade schlürfend
– durch die breite Fensterfront des "Cafe
am Markt" auf das entzückende historische
Rathaus, das "gotische Haus" und den neugotischen
"Wohltäterbrunnen" schaue, kann ich meine
Begeisterung kaum verbergen. Ich bin fasziniert!
Sofort erkläre ich den Ort zu meinen nächsten
Aufenthalt. Und weil ich mir mit diesem Entschluss die
Möglichkeit gesichert habe, Wernigerode in den kommenden
Tagen eingehender zu besichtigen, kann ich getrost den
weiteren Beschluss fassen, nur kurz hier zu verweilen
und die letzten Nachmittagsstunden für weitere Erkundschaften
zu nutzen. |
Schierke |
Es soll nur ein kurzer
Besuch werden, lediglich um herauszufinden, ob Schierke eine meiner nächsten Etappen sein könnte. Voller
Erwartungen aber aufs Schlimmste vorbereitet, wie
ich auf meinen Erkundungsfahrten immer bin, frage ich
mich: Erwartet mich noch ein romantisches Dörfchen,
dass sich in die Natur einfügt und in dem die traditionellen
Bauformen erhalten geblieben sind? Oder haben auch hier
überdimensionierte sprossenlose
Kippfenster ihren Einzug gemacht? Und dominieren Parkplätze
und klobige, rücksichtslose Verwaltungsgebäude
und Banken bereits das Ortsbild? |
Als ich in diesem
am Fuße des Brocken liegenden Ort eintreffe, ist
es bereits düster, die Straßen sind leer, die
Luft kühl, es riecht heimelig nach Holzfeuerrauch.
Während ich mit großen Augen durch die Straßen
marschiere, werden nach und nach alle meine Bedenken
weggefegt, wie morsche Dächer von einem Wirbelsturm.
Es ist, als würde ich in einem Traum aufwachen.
Ein Ort mit Augenmaß, überschaubar, mit menschlichem
Maßstab, intakter Architektur, einprägsam,
weil es kein Abklatsch vom standardisierten Einheitsdorf
bundesrepublikanischer Prägung ist. Was für
ein Glückstag voller Entdeckungen! |
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