Harz - Reiseskizzen von Bernd Zillich    
 
                   
   
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Wernigerode
Hexentanzplatz, Ilsenburg
 
 
 
Mephisto
mit Klaus Maria Brandauer
 
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Faust
mit Bruno Ganz
 
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Harzwanderung
 
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Harz mit Kindern
 
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Montag, 15. Oktober
Hexentanzplatz
Man sollte den Harz in Langsamkeit erleben. Besonders bei dem heutigen, herrlich klaren Herbstwetter. Aber ich habe bereits ein Attentat auf ihn geplant, das mir be­reits im Vorhinein ein schlechtes Gewissen einjagt. Ich habe nämlich nichts anderes vor, als wie ein Irrsinniger von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu fahren (nein, nicht etwa wandern!). Nur damit ich alles einmal gesehen habe, damit ich mich für eine (hypothetische) zukünftige Reise orientieren kann. Es passt eigentlich nicht zum Harz. Man sollte sich Zeit nehmen. Aber ich habe meine Lieblingsausrede parat: Das nächste Mal, oh ja, das nächste Mal werde ich es ganz anders tun.
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Beim Hexentanzplatz
Mit der Kabinenbahn fahre ich zu allererst hinauf zum Hexentanzplatz bei Thale, der genau der Rosstrappe gegenüber steht und fast 300 Meter über dem Ort liegt. Auch hier werde ich mit einem herrlichen Blick über das Bodetal belohnt. Die Stelle gilt als ein altsächsischer germanischer Kultort, an dem vor allem in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai Rituale abgehalten wurden. Es ist der Ort, an dem sich in der Wal­pur­gisnacht die Hexen versammeln, um dann gemeinsam zum Blocksberg zu fliegen, wo sie sich mit dem Teufel vermählen.
Mit Goethes "Faust" und dem Überflug der Hexen vom Hexentanzplatz bei Thale zum Brocken, wurde nicht nur ein bedeutendes literarisches Werk geschaffen sondern auch die "Brockenhexe" als Harzer Symbolfigur. Das wohl typischste Souvenir aus dem Harz ist die Hexe. Kein Souvenirladen im Harz kommt heute ohne sie aus.
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"Da seh' ich junge Hexchen nackt und bloß, und alte, die sich klug verhüllen."
Bereits Fontane schrieb: "Denn allerorten, wo man sich aufhält, hat man eine Art Pflicht, das Charakteristische der Gegend kennenzulernen, in Samarkand die Tem­pel­türen und ihre Wächter, in der Wüste den Wüstenkönig und im Harze die Hexen. Die Hexen sind hier nämlich Landesprodukt und wachsen wie der rote Fingerhut überall auf den Bergen umher. Auf Schritt und Tritt begegnet man ihnen, und wenn man fertig zu sein glaubt, fängt es erst recht eigentlich an. Zuletzt kommt nämlich der Brocken, der in seinem Namen zwar alle hexlichen Beziehungen verschweigt, aber doch immer der eigentlichste Hexentanzplatz bleibt. Da sind sie zu Haus, das ist ihr Ur- und Quellgebiet. Allen Ernstes, die Landschaft ist hier so gesättigt mit derlei Stoff, dass die Sache schließlich eine reelle Gewalt über uns gewinnt."
Auf dem Gelände, der viel von seiner Mystik dem Kommerz geopfert hat, gibt es heute einen Tierpark, eine Sommerrodelbahn, das Harzer Bergtheater und die 1901 erbaute Walpurgishalle. In 35 Harzorten sind zu Walpurgis die Hexen los. Vom alten heidnischen Walpurgisnacht-Brauchtums ist nur noch eine Touristenattraktion übrig geblieben. Von Schwefelduft und Schellenklang an der Schwelle zum Monat Mai profitieren vorwiegend Gastronomie und Hotellerie.
Teufelsmauer, zweiter Versuch
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Die Teufelsmauer: der Hamburger Wappen Wernigerode: Rathaus
Diesmal gehe ich die Teufelsmauer von Timmerode aus an. Unweit davon soll sich nämlich das berühmte Hamburger Wappen befinden, eine besonders markante Sand­steinformation mit drei steil aufragenden Felstürmen, die in ihrem Aussehen an das Wappen der Hansestadt Hamburg erinnert. Es ist nur ein kurzer Spaziergang, der mich erwartet. Dann stehe ich vor dem berühmten Felsgebilde. Es beeindruckt mich, es ist imposant, es ist einprägsam. Und doch ... es hat immer noch nichts Gemein­sa­mes mit den bizarren, frei in der Landschaft stehenden Felsfinger, die in den meis­ten Reiseführern abgebildet sind. Es ist ein Rätsel!
Wernigerode
Es zieht mich wieder nach Wernigerode. So sehr hat mich diese Stadt beeindruckt, dass ich ihr unbedingt noch einen kurzen Besuch erstatten will. Eine Weile sitze ich also, genüsslich an meiner Tasse nippend und mich am herrlichen Ambiente des Rathausplatzes erfreuend, in einem Café und vertiefe mich in einen meiner Reise­füh­rer. Und siehe da: Es gibt noch eine andere Stelle, wo es Reste der vom Teufel er­bau­ten Mauer gibt: Es sind die östlichste Ausläufer der Teufelsmauer bei Weddersle­ben. Schon wieder ein Ziel für das berühmte "nächste Mal"!
Ilsenburg
Ein völlig unauffälliges Städtchen! Ein entzückendes Städtchen! Die Verkörperung einer heilen Welt, die eine beinahe schmerzliche Wirkung auf mein Gedächtnis aus­übt, wie es bei einem Ort ist, den man meint, vor langer Zeit gesehen zu haben, der aber in Wahrheit nur eine Schöpfung der eigenen Sehnsucht ist. Man kann sich Ilsen­burg sehr gut als Kulisse einer jener TV-Schnulzen a la "Bergdoktor" vorstellen. Eine Aura von der "guten alten Zeit" strahlt von ihr aus, mit intakter Architektur, nied­li­chen kleinen Gärten, ruhigen Nebenstraßen und überall diese spürbare Nähe zum Wald, so dass man meinen könnte, direkt vom Hauptplatz in die Märchenwelt des dunklen Harzes einsteigen zu können.
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Kremser in Ilsenburg Wohnhaus in Ilsenburg Gartenidylle in Ilsenburg
Die Stadt ist an drei Seiten von bewaldeten Bergen umgeben und Ausgangspunkt von Wanderungen ins romantische Ilsetal. Von Ilsenburg soll der Brocken über einen der schönsten Aufstiege zu erreichen sein. Der Weg wurde zu Ehren von Heinrich Heine Heinrich-Heine-Weg benannt.
Dienstag, 16. Oktober
Ilsenburg
Was ich gestern nur in der Dämmerung konnte, will ich heute bei Tageslicht nach­ho­len: mich ohne jeglichen Zeitdruck auf die Suche nach dem genius loci zu machen, dem Geist dieses Ortes, und die besondere Atmosphäre, den einzigartigen, inne­woh­nenden Charakter Ilsenburgs in mir aufnehmen, wie man bei einem tiefen Atemzug belebenden Sauerstoff aufnimmt.
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Überall Hexen Hinterhodidylle Luxushotel
Das fast zwangsläufige Ergebnis meines Ortsrundgangs ist, dass ich das über 1000 Jahre alte Ilsenburg, welches schon Goethe und Heine für Ihre Werke inspirierte, zur perfekten Kleinstadt für Ruhe und Entspannung deklariere, und zu einem weiteren Kandidaten für "das nächste Mal".