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Der serbische
Mythos
von Malte Olschewski |
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Schwarze Katze, weißer Kater
von Emir Kusturica |
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Donnerstag, 29. Mai |
Unterwegs nach Serbien |
Während ich in Richtung serbische Grenze fahre, die Fenster offen, um mir etwas Kühlung zu verschaffen, rechts und links von mir eine wild zerklüftete Landschaft, die manchmal, wenn es bergauf geht, fast Alpinen Charakter bekommt, macht sich bei mir der Eindruck breit, dass ich ins Nichts fahre, ohne Ziel, nur weiter, immer weiter, als ob Zeit keine Rolle spielte und Unterwegssein ein ganz normaler Zustand für mich wäre. |
Mir wird bewusst, dass ich "weit, weit weg" bin. Aber wovon eigentlich? Von zu Hause? Von meinem Alltag? Eine kleine Rast in einer Straßengaststätte verstärkt nur dieses ungewohnte Gefühl. Während ich den bosnischem Kaffee ganz vorsichtig schlürfe, damit der Kaffeesatz mir nicht knirschend zwischen den Zähnen hängen bleibt, spricht mich ein grobgesichtiger Mann vom Nebentisch mit erregter Miene an: "Gospodin" (Genosse), donnert er zu mir herüber und zeigt gleichzeitig auf das perfekte Dreieck der Bergspitze, die sich vor uns erhebt. Dann plappert er etwas von gora (Berg) und von Bosna und will sich kaum beruhigen. Das ist die eigentliche Entfernung: die von den Menschen, mit denen man nicht kommunizieren kann. |
An der Grenze |
Wird mir erneut die Grüne Versicherungskarte abverlangt? Das ist die Frage, die ich mir mit einer fast paradoxen Mischung von Gleichgültigkeit und Nervosität stelle, während ich mich im Schritttempo der Kontrollstation nähere. Ja, ich werde! Mit einem Anflug von Herzklopfen ziehe ich das Fax heraus, das ich mir vorsorglich von der Versicherungsgesellschaf nach Sarajevo hab senden lassen. Gültigkeit besitzt nämlich nur das Original, alles andere ist Ermessenssache. Der Grenzbeamte nimmt mir das Papier ab und geht ins Büro. Spannungsminuten! Nach kurzer Zeit kommt er wieder, händigt mir den Schein aus, setzt ein müdes Lächeln auf und winkt mich durch. |
Fahren und fahren |
Es wird ein anstrengender Tag ohne Höhepunkte. Ich fahre und fahre in einer meist flachen, langweiligen Landschaft bei einer fast sommerlichen, feuchten Hitze, die meine Augen bleiern werden lässt und mich wiederholt zu Fahrtunterbrechungen zwingt. Überdies verfahre ich mich nicht selten, weil die Kyrillische Schrift der Verkehrszeichen es mir nicht leicht macht, zumal die Ortschaften auf meiner Straßenkarte nur in lateinischer Schrift aufgeführt sind. Immerhin wirkt das wie ein kleiner Kyrillischunterricht. |
Möglicherweise ist gerade die Strecke, die ich heute während den heißesten Stunden das Tages zu bewältigen habe, die langweiligste ganz Serbiens, deshalb will ich mir kein Gesamturteil erlauben, aber die Ortschaften, die ich streife, scheinen mir wie vom Himmel geschissen, so unbedeutend und hässlich sind sie. Kein Rest an historischer Substanz, alles ausradiert von einem Regime, das sich besonders "fortschrittlich" gefühlt haben muss, und dessen nicht minder bornierten, modernefixierten Nachfolgern. |
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Paradebeispiel dafür ist Čačak, wohin mich ausschließlich der Hunger geführt hat. Wären da nicht die Hochzeitsgesellschaft und deren Musikkapelle gewesen, mit ihrem Gemisch von Rock, Volksmusik des Balkans und Zigeunermusik, das so sehr an Emir Kusturicas Filme erinnert, ich würde behaupten, der Abstecher sei die Zeit nicht wert gewesen. |
Wenn nicht für die Ortschaften, so möchte ich wenigstens für die Schönheit der Landschaft eine Lanze brechen. Je mehr ich nach Osten komme, desto mehr beruhigen mich ihre Weiten, ihre Leere, ihre Lieblichkeit, die immer wieder in eine Wildnis übergeht, die in dieser Jahreszeit grüne und pastellfarbene Akzente hervorbringt. Dieses Erlebnis steigert sich gegen Abend, als ich mich der bulgarischen Grenze nähere. Der Wind hat die Luftfeuchtigkeit inzwischen weggefegt, und die klare Luft bringt Urweiten zum Anschein, die mich teilweise an Afrika denken lassen. So dass ich insgeheim hoffe, es würde plötzlich, wie von Zauberhand, ein kleines Hotel vor meinen Augen auftauchen, direkt am Berg. |
Zaječar |
Stattdessen lande ich in Zaječar, einer wenig attraktiven Stadt mit dem üblichen Chaos aus Hochhäusern, Plattenbauten und ähnlichen architektonischen Höhepunkten. Gut, dass ich wenigstens das kleine (wenn auch teuere) Jugendstilhotel Grinca finde, und dass die zwei Kellnerinnen der Pizzeria Triton so freundlich sind - mit einem wie ins Gesicht gemalten Dauerlächeln. |
Freitag, 30. Mai |
Frühstück |
Wie auch in Višegrad, wo im Zimmerpreis nur ein Frühstück mit Tee enthalten war und ich für einen Cappuccino (oder was im Hotelrestaurant dafür gehalten wurde) extra bezahlen musste, so gibt es hier zwar ein üppiges Frühstücksbuffet, das von Mangosaft bis Palatschinken, von Reissalat bis Kuchen alles zu bieten hat, aber der "kavu" wird mir extra berechnet. |
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