Die Kosmos-Kanarenflora: Über 1000 Arten der Kanarenflora und 60 tropische Ziergehölze
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Degollada: Zahltag
auf La Gomera
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La Gomera. Die schönsten Küsten- und Bergwanderungen.
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Alojera
Nach der ersten Straßenkehre fahre ich eine Seitenstraße steil bergab
in Richtung Alojera. Es ist erstaunlich, welch abwechslungsreiche
Landschaften hier auf engstem Raum zusammentreffen.
Jede Straßenkehre ein anderer Ausblick.
Nach der Bewältigung eines Höhenunterschieds von über achthundert
Metern lande ich im kleinen Dorf Alojera, inmitten eines dichten Palmenhains,
überlege mir kurz, ob ich hier eine
Unterkunft suchen soll, entscheide mich aber dann, den Ort nur zu besichtigen und seine beeindruckende Atmosphäre in aller Ruhe zu genießen.
Schäfer bei Alojera
Die Straße nach Alojera
Wasserspeicher bei Alojera
Wenn ich daran denke, dass dieser Ort bis
vor wenigen Jahrzehnten nur über Maultierpfade erreichbar war, fühle
ich mich hin- und hergerissen zwischen dem Gedanken, dass ich damals diese
fantastische Aussicht nicht hätte genießen können und dem,
dass ich diese beeindruckende Wildnis auf weit abenteuerlichere Weise hätte entdecken
können.
Palmen in Alojera
Alojera
Prächtige Agave in Alojera
Meine Schritte führen mich (über einen steilen Weg) hinunter zur Playa de Alojera. Es ist nicht viel los zu dieser Jahreszeit. Ich gönne mir ein Glas Wein in einer kleinen Kneipe direkt am Meer. Der Alkohol und das milder werdende Licht des späten Nachmittags versetzen mich in einen fast meditativen Gemütszustand. Ich erlebe Momente des uneingeschränkten geistigen Genusses.
Playa de Alojera
Landschaft bei Alojera
Ein Gläschen Wein
Bevor ich nach Vallehermoso zurückfahre, zweige ich etwas weiter
oben rechts ab in Richtung Taguluche. Dieser Landstrich wirkt grandios
und bedrohlich zugleich: Die Punta de Tejeleche und der Roque de
Mona, zackig, dunkel gegen den gewittrigen Himmelhintergrund sind, im wahrsten
Sinn des Wortes, atemberaubend.
Abends in Vallehermoso
Ich stehe am Ortsrand gegenüber der Bananenplantage
und höre mir das Platzkonzert an. Damit wir uns nicht missverstehen:
Es gibt keine Blaskapelle mit Kastagnetten, Trommeln oder anderen Musikinstrumenten.
Es sind die Frösche, die ihr bestes musikalisches Talent zum Besten
geben. Es müssen deren Hunderte sein und sie quaken aus jeder Richtung
lautstark um die Wette. Der Geräuschpegel ist keineswegs konstant,
denn er schwillt rhythmisch an und ab, als ob ein unsichtbarer Dirigent
den Taktstock schwingen würde. Es ist eine höchst erfreuliche
Kakofonie. In Deutschland gälte dies ohne Frage als Ruhestörung
und es wäre, fände man einen Schuldigen, ein Fall für die
Gerichte.
Während sich ein warmer Nieselregen auf meine Haare setzt, höre
ich diesem lärmenden Chor aufmerksam zu. Die Tiere erzeugen
die Lautstärke eines vorbeiratternden Mopeds. Es wirkt wie das "Rhabarber,
Rhabarber, Rhabarber", das bei Filmaufnahmen das Stimmengewirr einer Menschenmenge
nachahmt. Doch es stört mich nicht. Im Gegenteil, es ist für
mich derart überraschend und so ungewöhnlich, dass ich so konzentriert
und fasziniert bin wie in einem Konzertsaal.
Bei Vallehermoso
Vallehermoso
Vallehermoso (Hauptplatz)
Jetzt bin ich wirklich auf dem Dorf angekommen. Ich will hier bleiben,
am Abend im Kiosko Triana ein vaso des leicht trüben und süßlichen vino natural trinken, drei Sätze mit dem Barmann wechseln, einem Riesen
von einem Mann mit Pratzen wie ein Bär, auf den Regen pfeifen,
mit den vereinzelten deutschen Touristen in der Bar Amaya ein paar
belanglose Sätze wechseln oder mit Miguel über das Wetter reden.
Hier in Vallehermosowill ich also die ganze nächste Woche
bleiben. Das Zimmer in der Dependance der Bar Amaya ist luxuriös
ausgestattet, ich habe ein Badezimmer mit Erkerfenster, blicke auf den
Hauptplatz, bekomme alles mit, was das Leben hier spielt, und ein Fernseher
hilft mir ein wenig dazu, die Sprache besser verstehen zu lernen.
27. März
Beim Bodegon Roque Blanco (800 Meter ü.d.M.)
Ein Föhnwind tobt, dass es den Brotkorb vom Tisch weht und die Ohren
dröhnen. Es ist bewölkt und der schwarze Schatten über den
Bergen gibt diesen ein spektakuläres, fast bedrohliches Aussehen. Über
dem Bergkamm im Süden sieht man dagegen einen blauen Himmelstreifen
und die Fernsicht ist ausgezeichnet. Die chistorras (eine Art gebratene
Paprikawurst), der queso blanco und die leche asada mit miel
de palma (Palmenhonig) als postre (Nachspeise) bringen mir, mit Hilfe einiger
Gläser Wein, eine gelassenere Einstellung zu den Dingen. Dieser miel de palma, ein aus dem Saft der Palmen hergestellter Sirup,
erinnert ein wenig an Karamellsirup. Ich bin schon fast süchtig
danach.
Der Roque cano
Wandern bei Vallehermosos
Leche asada, miel de palma
So mache ich auf meiner ersten Wanderung auf Gomera, zu diesem bizarren Roque Cano,
diesem Felsen aus Basalt, der wie ein wuchtiger Haifischzahn aussieht, eine
Rast in dieser kleinen Bar gefunden.
Aus der Küche das Hacken eines Küchenmessers, der Duft gebratenen
Knoblauchs, Holzrauch aus dem Kamin. Von draußen der Wind, ein fernes
Vogelgezwitscher, das wiederholte Kikeriki eines Hahnes, Stimmen von Kindern
beim Spiel. Es ist die Stille, die alle unbefriedigten Wünsche auf
ihre richtigen Ausmaße zurückführt.
Ich genieße den Augenblick umso mehr, als ich noch davon überzeugt
bin, dass der Rückweg nur noch ein müheloser, kurzer Spaziergang
auf Schotter- oder Teerweg sein würde.
Tatsächlich gestaltet sich der Abstieg dann doch etwas anstrengender
als erwartet. Es wird ein mühsames Gehen, Stolpern und Suchen - aber
inmitten einer wunderschönen Natur. Der schmale Pfad, der mich durch
Dornengestrüpp, Lorbeersträuchern und Wacholdern führt, ist
stellenweise kaum erkennbar. An einer Stelle sieht es so aus, als hätte
ich mich verirrt. Ich verliere mich im Gestrüpp.
Also kehre ich um, steige auf eine kleine Anhöhe und kann von dort aus
endlich einen Maultierpfad am gegenüberliegenden Bergrücken erkennen,
der sich steil nach unten windet und in eine etwas breitere Schotterstraße
mündet. Der Weg dorthin führt mich an einem unbewohnt aussehenden Anwesen vorbei,
in dessen Nähe zwei einheimische Frauen still und nach vorne gebückt
auf einem kleinen Feld arbeiten. Erfreut frage ich sie
höflich und mit meinem bestem altkanarischen Akzent: "Vallehermoso?"
Ein Lächeln erhellt ihre Gesichter, sie sagen aber kein Wort. Eine
der beiden zeigt mir nur mit einer langsamen Geste den Weg. Dann geht es
steil hinab und je weiter ich talwärts komme, desto exotischer
wird die Vegetation: Palmen, Kakteen und ganze Hänge voll mit blaugrünen
Agaven. Ich komme mir vor wie in einer Wildwest-Filmlandschaft und würde
mich kaum wundern, wenn ich hinter der nächsten Biegung des staubigen
Weges plötzlich in einen Indianerhinterhalt geraten würde.