Český Krumlov (Krummau) | ||
Seit Jahrhunderten gilt das kleine Städtchen an der Moldau als “Perle des Böhmerwaldes” – und das nicht nur wegen der einmaligen Lage in einer Moldau-Schleife. Im Jahr 1992 (also nach der Wende) deklarierte die UNESCO die gesamte Innenstadt zum Weltkulturerbe. Das Ensemble von mehr als 300 historischen Häusern mit dem Schloss- und Burgkomplex beeindruckt jeden Besucher auf Anhieb. Die komplette Innenstadt steht heute unter Denkmalschutz.
Nach dem Ende der sozialistischen Ära war Český Krumlovs Altstadtkern in einem verheerenden Zustand, mit abbröckelndem Putz, grau vor Ruß und völlig heruntergekommen – aber in der Substanz noch intakt. Die Stadt hatte 700 Jahre lang Glück gehabt. Sie wurde niemals zerstört. Nicht im Zweiten Weltkrieg, nicht im Ersten, noch nicht einmal im Dreißigjährigen Krieg. Auch Brandkatastrophen hat es nicht gegeben. Es grenzt fast an ein Wunder. Kaputtsanieren – das war in der kommunistischen Tschechoslowakei nicht drin, schon gar nicht im Grenzgebiet. Allerdings sorgte der Zahn der Zeit für allerlei Schäden.
Wer die Stadt Anfang der 1990er Jahre erleben konnte, würde sie kaum wiedererkennen. Denn nach der Nominierung durch die UNESCO erfolgte eine umfangreiche Restaurierung der historischen Gebäude und Plätze, und die Stadt erlangte eine touristische Bedeutung, die einen wirtschaftlichen Aufschwung brachte.
Freilich sind die Zeiten jetzt endgültig vorbei, in denen man die Stadt fast für sich allein genießen konnte: den beeindruckenden Blick von der Burg über die Moldau, den im 17. Jahrhundert angelegten Barockgarten, die zahlreichen intimen Ecken der Altstadt mit ihren kleinen ein- oder zweistöckigen Häusern und das Auf und Ab verwinkelter Gassen. Damals, vor und kurz nach der Wende, konnte man sich wie zurück in eine alte, bescheidene Zeit zurückversetzt fühlen. Die stellenweise zerbröckelnden und in den Ritzen stark bewachsenen Steinmauern ließen weit, weit zurück in die Zeit denken. Und blieb man einmal in einem Gässchen kurz stehen, konnte man eine Stille wahrnehmen, die manchmal sogar das Rascheln der eigenen Kleidung oder das Klopfen der eigenen Schritte auf das Pflaster als störend erscheinen ließ. |
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Blick auf die Stadt | ||
Willkommen in der Überflussgesellschaft! Heute ist das schmucke Städtchen in jeder Jahreszeit von Touristenmassen überlaufen, in jedem zweiten Haus der Altstadt hat sich eine Boutique, ein Café oder eine Speisegaststätte eingenistet. Geschäft und Gewinnstreben bestimmen den Alltag, wie wir es im Westen seit eh und je gewohnt sind. Durch die hohen Mieten wird die einheimische Bevölkerung mehr und mehr aus der Stadt verdrängt. Hauskäufe von Spekulanten sind jederzeit möglich. Die Einheimischen leben in der teuersten Stadt Böhmens. In der Innenstadt gibt es nur noch ein einziges Lebensmittelgeschäft, dafür aber 30 Glas- und Souvenirläden. Nur noch halb so viele Menschen wie vor 1989 leben jetzt im Zentrum. | ||
Blick vom Schlossturm auf Schloss und Altstadt (Foto von Marcin Szala / Lizenz) | ||
Für die Touristen ist und bleibt die kleine Stadt an der Moldau ein Juwel. Český Krumlov wurde als bedeutendstes europäisches Denkmalreservat nach Venedig eingestuft und wird unter UNESCO-Überwachung aufwendig restauriert. | ||
Blick auf Moldau und Schloss (Foto von Mihael Grmek / Lizenz) | ||
Adalbert Stifter, der große österreichische Böhmerwald-Dichter, beschrieb in seinem Roman "Witiko" Krummau folgendermaßen "Das ist die krumme Au und da wäre eine Burg noch schöner als auf dem Berge der Rosen, den Ihr so lange angeschaut habt. Die Moldau macht einen Ring, dann macht sie außerhalb desselben einen zweiten verkehrten, und dann noch einen größeren, der wieder verkehrt ist, und an ihm stehen gerade Felsen empor." | ||
Das Schloss bei Nacht (Lizenz) | ||
Das Schloss ist nach der Prager Burg der zweitgrößte historische Bau in Tschechien und umfasst eine Gesamtfläche von zehn Hektar. In ihm befindet sich auch ein barockes Schlosstheater, das eine der zwei weltweit noch erhaltenen Barockbühnen ist, die noch im Originalzustand erhalten sind. Das Theater in seiner heutigen Form wurde 1680–1682 im Auftrag des Fürsten Johann Christian von Eggenberg, im fünften Schlosshof errichtet. Heute gibt es Aufführungen (mit sehr begrenztem Kartenangebot) im Rahmen des jährlichen Festes im Juni. | ||
Auf dem Hauptplatz | ||
Český Krumlov ist nicht nur die Stadt des Kulturerbes und des ältesten Barocktheaters der Welt, sie ist auch eine Stadt der Kunst und Kultur: Egon Schiele Art Centrum, International Art Gallery, 7 Museen und 4 Galerien, fünf Musikfestivals, ein Theaterfestival, nur um ein paar Stichwörter zu nennen. | ||
In den Gassen der Altstadt | ||
Die Stadt bietet den Besuchern auch zahlreiche weitere Erlebnisse: Bierverkostung in der lokalen Brauerei, Floßfahrten auf der Moldau, nächtliche Stadtführungen und vieles mehr. Die wunderschöne Umgebung der Stadt erweitert dieses Angebot. Die hügelige Landschaft ist geeignet fürs Wandern, Radfahren, für Pferdeausritte und Golf. Auf der Vltava (Moldau) sind Rafting und Wasserwanderungen angesagt. Die Nähe zum Nationalpark Šumava (Böhmerwald) bietet noch weitere Möglichkeiten. | ||
St. Veit Kirche | ||
Im Jahr 1340 wurde der Bau der St.-Veit-Kirche von dem deutschen Baumeister Linhart von Aldenberg angefangen, von 1407–1439 wurde umgebaut. Der Chor wurde vor 1500 von der Bauhütte des Hans Gezinger errichtet, die seit 1497 in Krumau tätig war. Der Hauptaltar wurde 1673–1683 neu geschaffen und die Kirche 1725–1726 barockisiert. In der Kirche befand sich die Plastik der "Krumauer Madonna", die um 1390 geschaffen wurde und die sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet. Weiteres zur Kirche []. | ||
Kleines Restaurant an der Moldau | ||
Einst aus Krummau vertrieben, ist der österreichische Künstler Egon Schiele heute fester Bestandteil des Geschäftsmodells der Stadt. Im Schiele Art Centrum werden neben einer permanenten Dokumentation über Leben und Werk Egon Schieles sowie einer Ausstellung seiner Arbeiten, regelmäßig Wechselausstellungen klassischer und zeitgenössischer Kunst des 20. Jahrhunderts präsentiert. | ||
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Schiele war von Krummau, der Geburts- und Heimatstadt seiner Mutter zeitlebens begeistert. Er kannte die kleine Stadt bereits seit seiner Kindheit und er verbrachte dort auch die Ferien während seiner Akademiezeit. Schon 1906 zeichnete er eines seiner Jugendwerke nach einem hiesigen Motiv: "Das Budweiser Tor in Krummau". In Krummau hatte Schiele eine künstlerisch sehr produktive Zeit. Doch die Bevölkerung fand Schieles Lebensstil anstößig. Auslöser waren wohl die wilde Ehe mit Wally Neuzil und die Besuche von Kindern in Schieles Atelier. | ||
Krummau mag zwar eine teure Stadt geworden sein, was aber immer noch preiswert ist – jedenfalls für das Budget eines Touristen –, das ist das Essen. Leider sind die Speisekarten längst "internationalisiert", das heißt, sie sind gespickt mit Wienerschnitzeln, Naturschnitzeln, Jägerschnitzeln, Grilltellern, Steaks, Forelle Müllerin und ähnlichen Gerichten, die auf jeder Speisekarte im deutschen Sprachraum auftauchen. Also 100 % touristengerecht. | ||
Von der Qualität kann sich die Speisekarten der meisten Restaurants in Český Krumlov allerdings mit denjenigen deutscher oder österreichischer Landgasthöfe gut und gern messen – nur die Preise sind eben anders. Preislich muss man im Schnitt etwa 12 Euro für eine gute Hauptmahlzeit rechnen (inklusive Bier und Nachspeise).
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Ein untrennbarer Bestandteil des Schlossareals ist der im 17. Jahrhundert angelegte herrliche Barockgarten. Er liegt auf einer Anhöhe und an einem Hang, der von südwestlicher Seite dem Komplex der Schlossgebäude auf dem V. Schlosshof des Schlosses Český Krumlov anliegt. Die sorgfältige Pflege des Gartens seitens der Schlossverwalter bringt Freude allen, die außer der Besichtigung der majestätischen Schlossräume auch für einen Spaziergang an durchdachten Mosaiken bunter Blumenbeete unter riesigen Bäumen vorbei bis zum kleinen See am Ende des Gartens Zeit finden. | ||
Český Krumlov & Hotelwerbung | ||
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Alle Jahre im Juni (2016 vom 17. bis 19.) kehrt Český Krumlov in die Renaissancezeit zurück, die berühmteste Ära der Stadt. Unter Begleitung der zeitgenössischen Musik, bei Auftritten von tapferen Rittern, Fechtern, Wandergauklern, Musikern und Komödianten wird das Fest der fünfblättrigen Rose an den Ruhm des Geschlechtes der Adelsfamilie Rosenberg erinnert. | ||