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7. April |
Etappe in Mendoza |
Um morgen tagsüber über die Anden nach Chile fahren zu können, fahre ich bereits heute mit Bus nach Mendoza. Im eher schäbigen Hotel Bari finde ich eine Bleibe, die den einzigen Vorteil aufweist, direkt am Busbahnhof zu liegen. Den Nachmittag vertreibe ich mir im Stadtzentrum bei Kaffeetrinken und Einholen von verschiedenen Informationen. |
8. April |
Auf nach Chile |
Die Fahrt nach Chile wird zum Schauspiel: beeindruckende Landschaft, blauer Himmel, weiter Horizont, herbstgefärbte Pappeln! Zunächst fahren wir durch eine weite grüne Landschaft inmitten ausgedehnter Weinberge. Hier werden die berühmten Weine aus Mendoza erzeugt. Aus dieser Gegend stammen fast zwei Drittel der Weinproduktion Argentiniens. |
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WEIN AUS MENDOZA |
- Weingut: Viña Las Perdices
- Rebsorte: Malbec (100%)
- Jahrgang: 2015
- Herkunft: Lujan de Cuyo - Mendoza
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Als wir uns in Richtung Westen den Anden nähern, wird es dann schlagartig einsam, karg und wild. Mein Orientierungssinn ist dadurch etwas verwirrt, dass die Sonne zwar wie zu erwarten im Osten hinter uns steht, jedoch tief auf der nördlichen Seite. Es geht zügig bergan entlang der „Ruta Nacional 7“, auch „Carretera Libertador General San Martín“genannt, einer der wichtigsten Ost-West-Verbindungen zwischen Argentinien und Chile. |
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An der Ruta provincial 7 (Mendoza - Chile) |
Der letzte nennenswerte Ort auf argentinischer Seite ist die Kleinstadt Uspallata, die auf einer Höhe zwischen 1750 und 2040 Meter liegt. Uspallata liegt in malerischer Lage auf der Straße, die die Anden zwischen Mendoza und Santiago in Chile überquert. Aufgrund seiner Lage ist der Ort das Versorgungszentrum für Touristen, die zum Aconcagua, dem höchsten Berg Amerikas weiterreisen. |
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An der Ruta provincial 7 (Mendoza - Chile) |
Uspallata wurde einst von der jetzt stillgelegten Transandinischen Eisenbahn bedient. Schade, denn es wäre heute sicher eine große Touristenattraktion, mit der Bahn zum Aconcagua zu fahren. Der Weg zur chilenischen Grenze vereint einige der dramatischsten Landschaften der Region. Die Anden sind hier Teil einer mächtigen Kulisse für eine trockene aber farbenfreudige, an Wildwest erinnernde Landschaft mit bizarren Felsformationen und gewaltigen Felswänden. Alle Farbtöne von Rot bis Gelb, Grün, Braun, Grau, Schwarz und Weiß sind oft dicht nebeneinander vertreten. Irgendwo in dieser Gegend wurden Teile des Films „Sieben Jahre in Tibet“ gedreht. |
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An der Ruta provincial 7 (Mendoza - Chile) |
Der Túnel del Cristo Redentor ist eine der wichtigsten Straßenverbindungen zwischen Chile und Argentinien. Der Tunnel wurde 1980 eröffnet und verbindet die Orte Las Cuevas und Portillo. Der Scheitel des Tunnels befindet sich auf 3.209 Meter über dem Meeresspiegel. Der alte Pass (Paso de la Cumbre, 3845 m), der jetzt umgangen wird, kann noch auf einer unbefestigten Straße befahren werden. |
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An der chilenischen Grenze |
Valparaíso |
Das Bed & Breakfast „La Puerta Escondida“, das ich über booking.com gebucht hatte, sollte für nur 50 US$ eine „Gelegenheit“ sein. Offensichtlich handelte es sich aber nur um ein Fangangebot. Als mir Violeta, das stille Mädchen am Empfang, die Tür öffnet, stellt es sich gleich heraus, als was es ist: ein Abstellraum mit kleinem Badezimmer. Noch bevor ich mich dazu äußere, schlägt mir Violeta ein größeres Zimmer vor. Für nur 15 Dollar mehr ein "wirkliches" Zimmer, viermal so groß und urgemütlich. |
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Booking.com
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Eine Merkwürdigkeit: In sehr vielen Hotels sowohl in Argentinien als auch in Chile gibt es in dr Toilette keine Klobürste. Dass der Gast die "niedere" Arbeit des WC-Reinigens selber übernehmen müsse, wird wohl als Zumutung eingestuft. Bei einer meiner letzten Argentinienreisen hatte ich die Hotelangestellte darauf aufmerksam gemacht und bekam nur die verwunderte Antwort, dass das Zimmermädchen doch die Kloschüssel reinigen würde. Dagegen gibt es, anders als bei uns, Bidets. Was der Gast dort sauber machen muss, ist dem Personal wohl nicht zu zumuten! |
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BUCHEMPFEHLUNG |
REISE DURCH CHILE ist ein on renommierten Reisefotografen professionell fotografierter Bildband. Es enthält alle wichtigen Sehenswürdigkeiten, Information über Kultur und Traditionen, Kenntnisreiche Texte, Ausführliche Bildunterschriften. |
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Das habe ich nun davon, ein Restaurant mit einem herrlichen Blick auf den Hafen ausgesucht zu haben: Dem „Congrio grillado“ (gegrillten Meeraal) konnte ich, noch bevor ich den ersten Bissen im Mund hatte, sofort ansehen, dass er weder frisch noch zart war. Der Salat hat wohl auch seit Längerem auf eine Schüssel gewartet, in der ein unvorsichtiger Gast versuchen würde, mit Essig und Öl aus ihm etwas Essbares zu machen. Aber was für eine Atmosphäre in der blauen Stunde des frühen Abends! Und bereits der erste Schluck „cerveza“ (Bier) macht einiges wett. |
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Restaurant am Hafen |
9. April |
Die bunte Stadt |
Der Wind pfeift, dass das chaotische Kabelgewirr, das halb verknotet von Mast zu Mast und von Mast zu Haus hängt, nur so wackelt. Gespenstisch flattern auch deren Schatten auf den gelb beleuchteten Wänden der kleinen Gasse auf dem „Cerro Conception“. |
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Die „Cerros“ auf den Hügeln |
„Cerro“, das bedeutet auf Spanisch „Anhöhe“, „Hügel“, hier nennt man so die Stadtviertel auf den vielen Hügeln der Stadt. Denn streng genommen gibt es in Valparaíso zwei Städte: die untere, am Meer, mit ihrem Hafen, ihren Bürohäusern und ihrem Fischmarkt; und die Stadt auf den Hügeln, mit ihren Häusern, welche die Berghänge hinaufklettern. Schrägaufzüge verbinden die Unter- mit der Oberstadt. Die Häuser auf den Hängen sind meist in unterschiedlichen Farben und bilden ein gigantisches Labyrinth von Gassen, langen Treppen und Aussichtspunkten. |
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Die sehr pittoresken Hügel „Cerro Alegre“ und „Cerro Concepción“ sind ein beliebter Wohnort von Künstlern und Studenten. Sie wurden säuberlich für Touristen aufgepeppt. Hier liegen auch viele Cafés, Kneipen, Restaurants und Hotels sowie kleinere Boutiquen. |
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Im Cerro Alegre |
Nichts wie hinein ins "Cafe del Pintor", zumal ich heute vor lauter Gehen noch kaum zum Essen gekommen bin. Gehen durch die Gassen einer wundersamen Stadt, ein Auf und Ab zwischen bunt bemalten Fassaden, bruchstückhaft renovierten Häusern und verschmutzten bis verfallenen Gebäuden, zwischen einigen für Touristen aufgeputzten Straßenzügen und einer großen Zahl dem Verfall überlassenen Häusern, die bessere Zeiten erlebt haben müssen, als ihre Architektur noch ausschließlich zweckdienlich war. |
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Das Van-Gog-Haus |
Als die Stadt, in anderen Worten, noch kein Ensemble von zu pflegenden Denkmälern für Touristen war, als Wandmalereien ihr noch nicht ihr heutiges, originell-kitschiges Aussehen gegeben hatten. |
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Wandmalerei |
Valparaiso ist längst bedeutungslos. Jetzt ist die Stadt nur noch UNESCO-Weltkulturerbe und verfällt trotzdem weiter. Früher war die Stadt begehrt, wunderschön, reich, der Mittelpunkt der Wirtschaft und des kulturellen Lebens Chiles. Verschiedene Gründe waren die Ursache für den Niedergang: zum einen das schwere Erdbeben von 1906, dem 6000 Menschen und ein großer Teil der Gebäude und der Infrastruktur zum Opfer fielen, zum anderen das von BASF 1910 entwickelte Verfahren zur künstlichen Herstellung von Ammoniak. |
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Edificio „Armada de Chile“ |
Die Herstellung von Salpeter wurde dadurch wesentlich kostengünstiger als dessen Import aus Chile. Dazu muss man wissen, dass bis dahin der Export von Salpeter für den chilenischen Staat die Haupteinnahmequelle war. Last but not least: Durch die Eröffnung des Panamakanals im Jahr 1914 fielen alle internationalen chilenischen Hafenstädte in einen Dornröschenschlaf, der bis heute anhält. |
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Die widersprüchliche Stadt |
Besucher, die nach Valparaíso kommen, sollten es nicht verpassen, den "Pirata Aleman" (deutschen Piraten) aufzusuchen, einen Stadtführer mit äußerst interessanten Kenntnissen über die Stadt. Ich hatte leider nur kurz das Vergnügen, es war ein Zufall, dass ich ihn, der gerade ein paar Touristen durch den Cerro Conception führte, traf. Erkennbar war er an der Eigenwerbung an seinem T-Shirt. Ich konnte mir nicht verkneifen, ihm einige Frgen zu stellen, deren Antwort ich im Reiseführer nicht gefunden hatte. Dort wurde die Ursache für den Verfall der Stadt wie oben beschrieben, also in der fernen Vergangenheit gesucht. Erdbeben, Salpeter, Panamakanal. |
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Jede Hauswand ein Kunstwerk |
Wenn Valparaíso tatsächlich im Zustand des Verfalls ist, wie kam es dann zu diesem überbordenden Wachstum? Hochhäuser in der Unterstadt und Wildwuchs der Bauten auf den Cerros? Eine sterbende Stadt sieht anders aus. Es war, als hätte man nur die Altstadt gezielt verfallen lassen. Der Verfall, erläuterte der Pirata Alemán, hatte in Wahrheit etwa 1945 begonnen und sich während der Diktatur General Pinochets verstärkt. Durch die Abwanderung zahlreicher Intellektueller war der Stadt jeglicher Impuls abhandengekommen. |
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Blick auf die Stadt |
Erst nach deren Rückkehr begann sich wieder etwas zu bewegen. Viele der Rückkehrer hatten das Potenzial der Stadt erkannt und begannen, die schönen alten Häuser aufzukaufen und zu restaurieren, was sich verstärkte, nachdem die Stadt in die Liste der "Erbe der Menschheit" der UNESCO aufgenommen wurde. Allerdings galt das nur für die zwei Stadtviertel „Cerro Alegre“ und „Cerro Conception“, denn nur diese waren im Jahr 2003 in die Liste aufgenommen worden. In den weiteren "cerros" ist der Verfall deprimierend. Manche Häuser sind nur abbruchreife Fassaden, andere sind nur notdürftig wieder instand gesetzt worden und durch bunte Bepinselung der Fassaden lediglich optisch aufgebessert. |
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Fast jeder zweite „ascensor“ (Schrägseilbahn), der die niedere Stadt mit den „cerros“ verbindet, ist außer Betrieb. Ihre „Schönheit“ hat die Stadt längst verloren, sie ist aber, besonders für einen Fotografen, äußerst interessant, in erster Linie durch ihre bunte Farbenvielfalt. Zuerst wird der Besucher von den farbenfroh gestrichenen Häusern bezaubert, dann wird die Aufmerksamkeit auf die Wandmalereien gelenkt. |
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Ursprünglich stammen diese „murales“ aus der Zeit der politischen Kämpfe zur Zeit Salvador Allendes und der sozialen Straßenmalerei der 1960er Jahre. Nach dem Tod Allendes im Jahr 1973 befahl General Pinochet, die bunten Fassaden und die Wandmalereien zu übertünchen. Denn für die Putschisten symbolisierte Farbe in einem gewissen Sinn ein gefährliches Streben nach Freiheit. |
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In den 1990er Jahren, nach dem Ende der Diktatur General Pinochets entwickelte sich eine Kunstbewegung, die die Tradition des chilenischen „muralismo“ der Allende-Zeit fortführen wollte. Die Häuser wurden wieder rosa, grün und lila, und die Wände wurden von den Künstlern, die die Diktatur überlebt hatten, wieder mit Fresken bedeckt. Auch jüngere, mehr oder weniger bekannte Künstler kamen dazu. Nach und nach wurden die Cerros Alegre, Bellavista und Concepción wieder zu einem Freilichtmuseum, ein respektloses, politisches, einfallsreiches und in ständiger Erneuerung befindliches Museum. |
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Eine der berühmten Standseilbahnen |
10. April |
Die unsichere Stadt |
Es hieß, Chile sei ein vergleichsweise sicherer Staat in Südamerika. Wie oft wurde ich aber in diesen paar Tagen von Passanten angesprochen, die mir dringend rieten, meine Kamera nicht zur Schau zu tragen. Nur in den „cerros“, die Teil des Welterbes sind, herrsche, so sagte man mir, eine gewisse Sicherheit. Dazu gehören der „Cerro Alegre“, der „Cerro Concepción“, ein Sektor des „Cerro Cordillera“ und ein Viertel der Unterstadt. Was mich aber nicht daran gehindert hat, weitere Hügel hinaufzuspazieren. |
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Heruntergekommenes Viertel |
Dort, abseits der Touristengegenden, begegnet man den Verfall auf Schritt und Tritt. Gehsteige, die eine einzige Stolperfalle sind, Fassaden und ganze Häuser, die einsturzgefährdet sind, Graffiti (Schmierereien) auf fast jeder Wand. Manches Gebäude, das bei uns aus Sicherheitsgründen abgerissen werden müsste, wird noch bewohnt, eine klägliche Bepflanzung der Vorgärtchen und die Vorhänge hinter den Fenstern beweisen es. |
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Musiker im Cerro Alegre |
Tagsüber, wenn ich mich von engen, leeren Gassen fernhalte, so dachte ich, hätte ich nicht viel zu befürchten. Als ich am späten Nachmittag zurück im „Cerro Concepción“ bin, erwartet mich aber ein Ereignis, das mich eines Besseren belehrt. Eine junge Touristin wurde, in einer Gegend, die als „sicher“ gilt, überfallen und beraubt. Ich sehe sie, wie sie mit blutendem Gesicht auf dem Rücksitz eines Autos liegt, zwei „camionetas“ der „carabineros“ stehen daneben. Die massive Polizeipräsenz in dieser Vorzeigegegend konnte den Vorfall nicht verhindern. |
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