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Die Moldau,
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Die Habsburger
und das Übersinnliche,
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Freitag, 11. Oktober 1996 |
Die Autobahn nach Salzburg
fliegt unter meinen Rädern hinweg, der Hochnebel verflüchtigt
sich allmählich, um ungefähr ab dem Chiemgau einer
schüchternen Herbstsonne das Feld (bzw. den Himmel) zu
überlassen. |
Die Absicht, auch der Sprache
wegen, nach Tschechien zu fahren, schlummert noch in mir, und
doch ist etwas, ich könnte es nicht in Worte fassen, das
mich von dieser Alternative abhält. Kurz nach dem Autobahnkreuz
Linz halte ich schließlich unentschlossen mein Auto an,
um die Landkarte zu prüfen. Steyr und das dahinter
liegende Gebirge reizen mich wohl sehr und haben auch den einen
Vorteil - sie sind zum Greifen nahe. Aber dann fällt meine
Entscheidung doch wieder auf den heiß geliebten Böhmerwald. |
Ich fahre an Enns
vorbei, widerstehe der Versuchung, in dieser schönen Stadt
nach Übernach-tungsmöglichkeiten zu suchen, verzichte
auf einen Besuch von Mauthausen (dem Ort bei dem einstmals
das Konzentrationslager war) und genieße beim Überqueren
der gemächlich vor sich hin fließenden Donau die
herrliche Abendstimmung, die von den glitzernden Spiegelungen
der niedrigen, gelbleuchtenden Sonne im Wasser erzeugt wurde. |
Eine Landschaft ohne Höhepunkte,
nur von einer herbstlichen Licht- und Luftstimmung getragen,
die sie in meinen Augen verzaubert. Oberzirking, Obenberg,
Steinpichl, es könnte Niederbayern sein, nur die
Nuancen sind anders. Unterschiede, welche zu definieren ich
mich schwer täte. Dicht besiedelt ist diese Landschaft,
Bauernland mit großen herbstlich-braunen Maisfeldern,
mit kleinen Waldinseln auf den sanften, weitläufigen Hügeln
und dicht hintereinander folgenden Ortschaften. |
Welch ein Unterschied zu
drüben, denke ich beim Beobachten der Landkarte. Wie dicht
gedrängt sehen sich auf dem Papier die Ortschaften und
die Straßen diesseits der Grenze an, wie leer scheint
hingegen der Landstreifen unmittelbar auf der anderen Seite:
kaum Namen, Straßen, Ortschaften sind auszumachen - es
zieht mich spontan und entschieden dorthin. So fahre ich weiter
in einer Gegend, dessen einziger Reiz in ihrem Noch-nicht-gesehen-worden-sein
lag. |
Vorbei an Prägarten
und dessen zweifelhaften Modernisierungen fahre ich weiter durch
eine alles in allem sanfte, liebliche Landschaft, die im Abendlicht
die immer wiederkehrende Stimmung "Kenne-ich-es-nicht-schon-seit-langer-Zeit?"
in mir hervorruft. Die rote Sonnenkugel geht langsam unter,
hinter einer typisch mitteleuropäischen Herbstlandschaft
voll von rostbraunen Farbtönen. Obwohl dies ganz und gar
nicht die Welt meiner Kindheit ist, packt es mich jedes Mal
vor lauter Sehnsucht, wenn ich im Vorbeifahren in einem solcher
Dörfer Kinder beim Spielen sehe. Es ist dieses Auftauchen
irgendwelcher "Schnipsel" aus fernen, fernen Zeiten
aus der Tiefe meines Gehirnspeichers, das mich fasziniert. |
Nach Gutau verliert
die Landschaft schlagartig den Charakter dicht besiedelten Bauernlands,
um die Züge einer menschenleeren, ursprünglichen und
bewaldeten Mittelgebirgslandschaft anzunehmen - das
Mühlviertel. Plötzlich ist Einsamkeit über
die Landschaft gesunken und man könnte meinen, im Schwarzwald
zu sein. Dicht gedrängt schmiegen sich die Berghänge
an die Straße, Kurve um Kurve ist nichts zu sehen außer
Wald und die einsame Natur, und dieser Eindruck wird von der
einfallenden Dämmerung noch verstärkt. Jetzt muss
ich wirklich ernsthaft daran denken, eine Unterkunft für
die Nacht zu suchen. Endlich, in St. Leonhard, im Gasthof
Schwarz, finde ich ein Zimmer. In der blauen und klaren
Abendluft haben die Sterne schon zu funkeln begonnen und ein
kalter Herbstwind bringt mich zum schaudern. |
Als ich die Wirtsstube
betrete, ist am einzigen besetzten Tisch gerade eine Unterhaltung
im Gange. Die freundliche, leicht mollige Wirtin - eine von
vier Schwestern - erzählt eine humorvolle, aber sicher
fiktive Episode, so als ob sie sich vor ihren eigenen Augen
abgespielt hätte. Darin kommt eine junge Mutter und ihr
kleines Kind vor, die in einer Straßenbahn neben einer
etwas betagten und schweigsamen Dame sitzen. Das Kind ist laut,
grantig, ungezogen, und tritt der alten Frau hemmungslos immer
wieder ins Schienbein, so dass diese schließlich die Mutter
darum bitten muss, das Kind doch endlich zu ermahnen. Ohne sich
zu entschuldigen und sogar fast empört reagiert die Mutter:
was ihr den einfiele, sie denke nicht daran, schließlich
sei ihr Kind antiautoritär erzogen worden. Einige Haltestellen
weiter, als sich Mutter und Kind offensichtlich zum Aussteigen
aufmachen, nähert sich ihnen ganz unauffällig ein
junger Bursche, nimmt lässig seinen Kaugummi aus dem Mund
und klebt ihn der Frau mitten auf die Stirn. Anschließend,
ohne auch nur eine Miene zu verziehen, kehrt er zu seinen Sitzplatz
zurück und bemerkt mit lauter Stimme, dass auch er antiautoritär
erzogen worden sei. |
Eine der Schwestern - sie
schließt sich etwas später der Runde an - ist blond,
auch nicht gerade schlank, aber mit sehr weiblichen, wohlproportionierten
Rundungen. Nicht unbedingt "schön", aber immerhin
anziehend. Als ich sie beobachtete, wie sie in der Männerrunde
lacht und spricht, und dann einen Blick auf ihre Schwester wirft,
erlebe ich - ob ich mich täusche? - bei dieser ein verunsichertes
Schweigen, einen leicht neidischen Blick, des "Tantle"
gegenüber dem "Weib". |
12. Oktober 1996 |
Wie üblich gleicht
der Grenzübertritt einem Eintauchen in eine graue und triste
Vergangenheit. Die Hauptstraße von Ceské Velenice,
eher ein Dorf als eine Stadt, ähnelt mit seinen verwahrlosten
Fassaden aus der Jahrhundertwende einem heruntergekommenen Arbeiterviertel,
wie ich es aus dem Wien der 50er Jahre in Erinnerung habe, eher
noch trostloser. Die neue Zeit ist nur durch eine Reihe von
zwielichtigen Etablissements des Vergnügungsgewerbe vertreten.
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Das ruhige Herbstwetter
(lies: sich nur zögernd auflösender Nebel) verleidet
mir ein wenig die Fahrt durch diese Landschaft, die mir keine
neuen Eindrücke mehr bringen kann. Einsam, weit, sanft
hügelig, nicht viel anders als jenseits der Grenze, nur
weniger gepflegt und, man kann es nicht oft genug wiederholen,
leer. Die wenigen Dörfer oder das Städtchen Nove
Hrady ändern an diesem Eindruck von Leere nichts. |
In den heruntergekommenen
tschechischen Innenstädten gibt es einen grauenhaften Verfall,
der Putz bröckelt ab, eingeschlagene Fenster sind häufig
anzufinden, das Unkraut sprießt aus jeder Mauerritze,
die Straßendecke ist oft aufgerissen, die Plattenbauten,
haben wie ein Krebs alle Randviertel erfasst und sind manchmal
bis in die Innenstadt eingedrungen. |
Aber denken wir einen Augenblick
daran, was passieren könnte, wenn all die Häuser einen
neuen Anstrich bekämen, die Löcher in dem Kopfsteinpflaster
geschlossen werden könnten, die morschen Gebäude selbst
restrukturiert würden. Plötzlich sähe die Straße,
der Platz, das Ensemble wieder genau so aus, wie es früher
einmal war. Das ist eine einmalige Chance. Im Westen ist diese
Mög-lichkeit für alle Zeiten verspielt. Frankfurt
kann seine Manhattan-Silhouette und die modernen Klöt-ze
am mittelalterlichen Römer nie mehr rückgängig
machen. Verspielt, zerstört für alle Zeiten. Wohl
dem, dem es gefällt. Die Hauptplätze von Kaplice,
Kasperke Hory, Krummau oder Telc hingegen,
alle haben sie noch diese Chance. |
Im Städtchen Romberk,
das auf den ersten Anschein - sieht man von dem Blick auf die
prächtige Burg ab - ein Paradebeispiel für Trostlosigkeit
ist, sehe ich so gut wie keine Häuser aus der Nachkriegszeit.
Das Ortszentrum mit seinem dreieckförmigen Platz und einfachgiebliegen
Barockhäusern scheint förmlich nur darauf zu warten,
renoviert zu werden. Die frühgotische Pfarr-kirche des
Hl. Nikolaus, die Brücke über der Moldau mit der unausweichlichen
Nepomuk-Statue, die Häuser am Hang unterhalb der höheren
Burg, sie alle haben in meinen Augen die Möglichkeit, wieder
zu einem beeindruckenden Ensemble zu werden. |
Manche Fassaden sind auch
bereits renoviert, und die bienenhafte Bautätigkeit im
Ort ist kaum noch zu übersehen. Überall aufgerissene
Straßen, Steinhaufen, Baustellen, Baugerüste - aber
die Mittel sind spärlich und der Weg noch lang. Noch gleichen
manche Hinterhöfe Müllhalden oder Ab-bruchbuden, noch
zieren improvisierte Holzschuppen, Gerümpelberge und verwilderte
Gärten und Wiesen die verborgenen Flächen, die dem
Blick von der Hauptstraße versperrt sind.
Ich muss kurz innehalten, denn während ich dies schreibe,
wird es mir wärmer ums Herz. Die kleine Welt der chaotischen
Gemüsegärten, Vorstufe zu den "gepflegteren"
Hinterhofgärten, die Welt der ungemähten Rasen, der
frei laufenden Hühner und Puten, der halbverwilderten Katzen,
die noch wissen, was eine Maus ist, der bellenden Promenademischungen,
der alten Mütterchen, die im Arbeitskittel die Wäsche
aufhängen, der Kinder mit rotzigen Nasen und verbeulten,
geflickten Hosen, der vor sich hin rostenden alten
Autos, der verwilderten Felder und Wiesen - diese Welt, die
liebe ich. |
Die Autotür schließen,
die Koffer in mein Zimmer bringen, mich kurz erfrischen, das
ist für mich wie der Übergang in eine andere Gemütsverfassung,
ja, fast in eine andere Realität. War ich zuvor noch im
Heute, im Stress und die meiste Zeit in eher grau gefärbten
Gedanken versunken, bin ich danach wie ausgewechselt, eingetaucht
in eine Welt des Sehens, des Fühlens, erfüllt von
völlig neuen Empfindungen. Die Geschwindigkeit des Autos
und die Konzentration, die das Fahren abver-langt, wirken auf
mich wie ein Filter, der eine Einengung der Sinne verursacht,
Details verschwin-den lässt und Tuchfühlung zu den
Dingen unmöglich macht. Bereits ein kurzes Anhalten am
Straßenrand kann Wunder bewirken und mich Natur und
Landschaft näher fühlen lassen, aber erst der Entschluss,
das Fahren zu unterbrechen, das "Schnelle" in seine
Schranken zu weisen und auf "langsam" umzuschalten,
hat die Zäsur gebracht und meine Erlebnisfähigkeit
wieder gänzlich eingeschaltet. |
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Plötzlich
spüre ich den Wind, der die Feuchtigkeit meines verschwitzten
Hemdes verdunsten lässt und ein leichtes Frösteln
hervorruft; ich sehe die Details im Gesicht eines alten Mannes,
der auf der Bank vor dem Gemeindeamt (obecní úrad)
sitzt und auf irgendetwas, das vermutlich nie
kommen würde, wartet; ich kann die Weichheit des Bodens
am Moldau-Ufer unter meinen Schusohlen wahrnehmen
oder die harten Steine und Wurzeln auf dem ufernahen Pfad
und das Rauschen des grünen Wassers. |
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Mir fallen die tiefen,
runden Löcher, die in immer gleichen Abständen in
den Boden gerammt wurden, und mir ein Rätsel aufgeben;
die Hinterhöfe, die ich von der Straße aus niemals
gesehen hätte; zwei alte Frauen, die neben der Kirche einen
Plausch halten, ein liebevolles Kakteen-Arrangement auf
einem Fensterbrett und - es ist schließlich Samstag -
ein Fußballspiel auf einer kleinen Wiese unweit der Moldau.
Ich schaue zu, ohne wirklich das Spiel zu sehen. Ich sehe in
den Spielern und den Zuschauern nur eine Kulisse für
meine Gedanken, ein Hin und Her bunter Trikots, Stimmen, die
ich nicht verstehe, aber deren anfeuernde Absicht auch ohne
Worte zu verstehen ist, ich sehe die hübschen, fleischig-deftigen
böhmischen Mädchen, die sich am Spielfeldrand ereifern,
ich sehe das "ewige" Dorfleben, dass ich in der Anonymität
und der Atomisierung der Stadt längst nicht mehr erleben
kann. |
Genau aus diesem Grund
bin ich jetzt hier und genau deshalb hat es mich in dieses Gasthaus
(restaurace) Adler nach Romberk verschlagen. Nach
der langen Fahrt, die mich teilweise auf end-los langen Nebenstraßen
oder Waldwegen herumirren ließ und mich kurz vor die Schwelle
des Ich-mag-nicht-mehr brachte, habe ich beschlossen hier zu
bleiben. Keinen Fuß will ich mehr bewegen, kein Rad mehr
drehen. |
Und es fällt mir ein,
dass ich schließlich zum Ausruhen hierher gekommen bin,
zum lesen, schrei-ben, Tschechisch lernen. Was wäre besser,
als alle diese Dinge bei einem Glas Bier im Freien und beim
Blick auf die Burg Rosenberg zu verbinden? Und siehe da: "Muete
mi ríkat kdy je prohlídka hradu?" (Können
Sie mir sagen, wann es eine Führung durch die Burg gibt?),
und "jete jednou otázku" (noch
eine Frage), oder "muete mi prinest jeden caj"
(können Sie mir einen Tee brin-gen?). |
Ich befasse mich also mit
der Sprache. Ist es nicht ein Zufall? In einem Buch über
Galizien finde ich den Ausdruck "cmentarz zidowski".
Was liegt näher als das italienische Wort cimitero (Friedhof)
darin zu finden, und - es war zu erwarten - auf Tschechisch
ist "idowski" der genaue Ausdruck für
"jüdisch". Weiter vorne im Buch heißt es
dann auf Polnisch "za mostem" (an der Brücke).
Und wie heißt das Restaurant an der Moldaubrücke?
"U mostu". Und ist nicht das tschechische Wort
für Brücke, "most" auch im Name der
bosnischen Stadt Mostar enthalten? |
Faszinierend, welche Zusammenhänge
die Sprache ans Licht bringt. Sprache ist wie ein Puzzle. Am
Anfang, als nur wenige Teile gelegt sind, hat man keine Ahnung
vom Bild, das zusammengesetzt werden muss. Je mehr Teile zusammen
kommen, desto mehr kann man ahnen, was die fehlenden Teilen
darstellen könnten. Irgendwann hat man dann alle Zusammenhänge
erkannt. |
Auch beim Wissen über
die Geschichte eines Landes geht es nach diesem Muster. Vor
einiger Zeit hatte ich etwas über die Schlacht am Weißen
Berg gelesen, bei der im Jahr 1621 der Aufstand der Stände
von den reaktionären Habsburgern niedergeschlagen worden
war; hier in Rosenberg erfahre ich jetzt, dass aus Dankbarkeit
dafür, dass er den Kaiser Ferdinand II im Ständeaufstand
unterstützt hatte, General Karl Bonaventura Graf Buquoy
durch kaiserliche Verfügung das Schloss als Eigentum bekam.
Es blieb dann im Besitz seines Geschlechts bis 1945.
So fügt sich Steinchen an Steinchen, und die Geschichte
und die Menschen, die in ihr eine Rolle spielen, erwachen in
meinen Gedanken zu neuem Leben. |
Aus dem Fenster sehe ich
die schwarze Silhouette der Burg vor dem dunkelblauen Hintergrund
des nächtlichen Himmels. Mehrere Sterne funkeln bereits
in der klaren Nacht. Es riecht nach Holzrauch. |
13. Oktober 1996 |
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Auf
geht's zur prohlídka hradu (Burgbesichtigung).
Der Lauf der Moldau bildet hier in Romberk (Rosen-berg)
einen s-formigen Mäander: In der ersten Biegung liegt auf
dem linken Flussufer der Ort - eher ein Dorf als ein Städtchen
-, gegenüber liegen auf einem Bergvorsprung zwei Burgen.
Mit dem Bau wurde im 13. Jahrhundert begonnen. Im Jahre 1522
brannte die obere Burg ab - und wurde nie mehr aufgebaut. Übrig
geblieben ist nur der zylindrische Turm namens Jakobínka.
Die untere Burg, die wir besichtigen, ist hingegen fast vollständig
erhalten. Sie besteht aus zwei massiven Quadertürmen und
einem Burghof und ist über eine Fallbrücke zugänglich.
Der letzte Eigentümer war der Graf Buquoy, der die
Burg bis zur Vertreibung der Deutschen aus Böhmen
im Jahr 1945 bewohnte.
Jetzt, während ich schreibe, sind die meisten Eindrücke
bereits verblasst, andere sind nur noch zu-sammenhanglos in
meiner Erinnerung verblieben: Ich versuche gar nicht, aus ihnen
eine geschlossene Beschreibung zu machen, sind es doch nur Blitzlichter
in meinem Gedächtnis.
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Die
Burg wurde nach der fünfblättrigen Rose genannt,
die deren Gründer im Wappen hatte. Der deutsche Name
Rosenberg (rosige Burg) wurde in die Form Romberk
tschechisiert. Die Rosenberger bauten die Burg in einen wunderschönen
Renaissancesitz um.
Von der Besichtigung ist mir hauptsächlich der eher unfreundliche
Führer im Gedächtnis geblieben, der uns litaneiartig
Einzelheiten über die Burg und seine Geschichte erzählte:
über die "weiße Frau" zum Beispiel
- Einzelheiten habe ich vergessen -, über Peter Vok,
den letzten Rosenberg, oder Jokul de Moley, den letzten Templer,
der 1314 in Paris verbrannt wurde. Auch haben sich mir die
eindrucksvolle Kassettendecke und die neugotischen
Möbel im Rittersaal eingeprägt und die beeindruckenden
Fotos des letzten Eigentümers. Eingeprägt hat sich
mir auch das Gespräch mit einer alten Heimaturlauberin
aus Hochdorf, die, wie Mutters Freundin Ilse aus Jägerndorf
(Krnov) in Mähren, sich nach der Vertreibung
in Mittenwald (Oberbayern) ansiedelte; besonders beeindruck
haben mich ihre, auf die einheimische, bayerische Bevölkerung
bezogenen Worte: "die haben uns gehasst".
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Jetzt
erst, kurz vor meiner Heimreise, komme ich allmählich
in Stimmung. Ein warmes Gefühl der inneren Ruhe macht sich
in mir breit. Ruhe, die aus der Verlangsamung und
der Zeitlosigkeit kommt. Ich wandere die Moldau entlang, lasse
mich vom Anblick und den Geräuschen des fließenden
Wassers hypnotisieren, beobachte zwei Fliegenfischer,
die, grün gekleidet und mit hohen Gummistiefeln, knietief
im Wasser waten - mit einer schier endlosen Geduld. Alle paar
Minuten suchen sie eine andere Stelle auf und werfen immer
wieder die Angelschnur aus. Ich beobachte sie vom Ufer aus,
sitze auf dem feuchten Gras und genieße die Szene wie
ein kleines privates Theaterstück. Eine Spirale von
Wunschgedanken beginnt sich dabei in meinem Kopf zu drehen:
fischen, bootfahren, die Natur aus großer Nähe erleben,
ich frage mich schließlich, was oder wer mich davon abhält.
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