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INDIEN
Der Norden
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Nordindien und Nepal: Faszinierende Welt
der Gegensätze
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Dehra Dun, abends
Die Boys des "Restaurants" sehen so schmutzig aus, als ob sie gerade nach
einem Achtstundentag aus einer Autowerkstatt gekommen wären, die Wassergläser
werden mit Daumen und Zeigefinger (innen!) angefasst, und dennoch scheut
sich Helmut nicht davor, pani zu trinken (angeblich boiled and
filtered).
Am Eingang sitzt der Chef, ein ganz manierlich angezogener Sikh; die Wände
des Lokals hatten urspünglich eine hübsche Aquamarin-Farbe und
mein Palak Paneer (Spinat mit Käse) schmeckt gar nicht so übel.
In den Gassen wimmelt es nur so von "Restaurant"-Höhlen, wo freche
Mäuse nichts ungewöhnliches sind, das Klatschen der Chappati-Bäcker
- der Teig wird zu einer Kugel geformt und dann mit kreisenden Bewegungen
zu einer flachen Scheibe geklopft -, und die Harmonium-Musik eines Zelt-Tempels
eine neue variante der "orientalischen" Atmosphäre erzeugen.
"KEEPING IN TOUCH KEEPS FRIENDSHIP GROWING"
Wie unterschiedlich sind doch die Charaktere der verschiedenen Gegenden
Indiens. Wildromantisch, stolz und exotisch Rajasthan, wo die Menschen ihren
Trachten und ihren Traditionen treu geblieben sind.
Entlang dem Ganges, in den großen Ebenen des Nordens hingegen ist
eine Lebendigkeit, ein Chaos, eine Überfülle an Aktivität
zu vermerken, jedoch schmutzige hässlich aussehende Menschen in zerschlissener,
armseliger Kleidung, Hybris aus indisch und westlich, und eine würdelose
Bettelei, Anpöbelei, Lügerei.
In Bombay haben die Menschen weiche Züge, gutmütige Augen, und
das Tragen von makellos weißen Dhotis und Kurtas ist
auch bei den wohlhabenden Kasten nicht in Vergessenheit geraten.
Im Punjab, hingegen, lebt der kräftigste Menschenschlag mit schönen
edelgezeichnete Gesichter, wo Bart und Turban das Inbild des Inders erzeugen.
Und mein besonderes Lob geht den Frauen, die in allen Gegenden dieses Landes
Eleganz, Anmut der Bewegungen und Tradition in Kleidung und Haartracht bewahrt
haben.
29. September
Auf dem Weg hinauf nach Mussoorie kocht das Kühlwasser
gleich nach ein paar Kilometern, was aus unserem Fahrer nur das Wort "mistery"
herauslockt, und ihn zu einer rasanten wilden Fahrt zurück nach Dehra
Dun veranlasst. Der Werkstatt-Wallah probiert nicht lange herum, fummelt
für 5 Rupees an der Zündug herum, und im Nu fahren wir wieder
weiter, allerdings nur um 500 Meter weiter als beim ersten Mal wieder den
Kühler dampfen zu sehen. Und doch, eine Serpentine nach der anderen,
mit mehrfachem Wassernachfüllen, und mehrere Mautstellen passierend,
kommen wir in Mussoorie an.
Mussoorie
Jetzt sitzen wir in kühler, klarer Luft auf 2000
Meter Höhe im Municipal Park, trinken Kaffee und fühlen
uns wohl. Schulklassen laufen herum, sammeln Pflanzen, amüsieren sich
auf handgetriebenen Schaukeln und Ringelspielen oder auf einem Riesenrad
mit Menschen(-Hamster)-Antrieb. Paare lassen sich als Trachtenmädchen
und Großwildjäger fotografieren und ich empfinde das alles als
Balsam für meine Seele.
Bald haben wir auch unser Alibi-Trekking hinter uns auf dem Vincent Hill,
wo uns ein gut gekleiderter, äußerst gepflegter Sikh für
einen der nächsten Tage zu seinem estate einlädt.
Wieder im Park fällt uns eine Mädchenklasse auf, teils europäisch
gekleidet, teils in Punjabi, die mit ihren hübschen Gesichtern immer
wieder unsere Blicke fesseln. Zuletzt finden wir noch ein preiswertes Zimmer
(70 Rupien) im Hotel Shilton, mit Veranda und herrlichem Blick tief
ins Tal hinunter.
Zu sagen, dass ich elektrisiert bin, wäre eine Untertreibung. Eine
Gruppe von Musikern in roten Uniformen, mit Pauken, Klarinetten und Trompeten
musiziert mit aller Kraft, Begeisterung und schmetternden Rhythmen, währen
aus mehreren Lautsprechern Gesang in der von mir geliebten orientalischen
Klangweise tönt. Ich spüre das Dröhnen in der Wirbelsäule
und im Zwerchfell, und es erzeugt eine starke physische Faszination. Vier
Sikhs mit gelben Fahnen führen zu Pferd die Gruppe, eine weitere Reihe,
barfuß, gelbgekleidet und mit krummen Säbeln geschmückt
folgt. Und dann Schulklassen und Schulklassen, und ein geschmücktes
Auto mit Würdenträgern und weiteren Kindern.
In diesem verzauberten Mussoorie, mit den ziselierten Holzfassaden, der
langen Promenade an der Bergflanke, und mit der kühlen klaren Luft,
fühle ich mich pudelwohl.
Ein großes Völkergemisch bevölkert die Straße: tibetanische
Straßenverkäufer entlang der Promenade - die mich seltsamerweise
an die Promenade in Nervi (bei Genua) erinnert -, wohlhabende stattliche
Sikhs, europäisch gekleidete "normale" Inder, jedoch kaum Ausländer.
Wir sitzen jetzt im Kwality Restaurant, warten aufs Essen und schauen zur
Straße hinunter. Ein alter Kuli (das Wort kommt übrigens von
Coolies, einem Stamm aus Maharashtra) schiebt eine Art Kinderwagen
vor sich hin (Touristenkinder-Beförderung), Rikschas - von zwei Männern
gezogen und manchmal von einem dritten gebremst - befördern Besucher
entlang der Promenade.
Jungen und Mädchen spazieren in getrennten Gruppen umher, die ersten
oft paarweise eng umschlungen oder Hand in Hand. Die schmutzige trostlose
Misere der Ebene fehlt hier vollkommen, und das hebt die Stimmung. Stattdessen,
Läden und Restaurants und Fremdenverkehr.
"HOTEL NAAZ, LIQUOR BAR, BALL ROOM, RESTAURANT, BEST CHINESE AND TIBETAN
FOOD" "SATKAR RESTAURANT, INDIAN, TANDOORI, SOUTH INDIAN AND CHINESE FOOD"
"RIALTO CINEMA"
"SOBHA SINGH AND ISHAR SINGH, PROVED TAYLORS"
"SPECIAL VEGETARIAN PIZZA"
Eine kurze Seilbahn führt zu einer Aussichtstelle, ein Spielplatz erfreut
Kinder mit handgetriebenen Karoussels und kleineren Attraktionen. Spielsalons
nach amerikanischem Muster haben auch schon ihren Einzug gemacht, und ein
Nacktfoto in einer Auslage zieht die Männer in Scharen an. In einem
Wäscheladen sind Frauenunterhosen mit Reißverschluss (!) ausgestellt.
Man sieht Jungs mit "Walkman", und ich frage mich ob sie westliche Popmusik
oder Lata Mangeshkar hören.
Mussoorie, 30. September
Der Tag ist meistens enttäuschend. Die Landschaft
ist unter der grellen Mittagssonne nicht besonders fotogen, die Achttausender
sind nur in weiter Ferne zu bewundern, das nähere Gebirge (zwei- bis
dreitausend Meter hoch) eher karg, an den Appennin erinnernd.
Unser heutiges Besichtigungsziel, die Kempty Falls, ist für
verwöhnte Reisende kaum ein aufsehenerregendes Ereignis. Nur die Fahrt
selbst war, dank der dilettantischen Fahrweise unseres Chauffeurs, ein prickelndes
Erlebnis: in jeder Kurve auf der falschen Spur und kurz vor dem Schleudern
bei wilder Betätigung der Hupe - die anscheinend in der Linkskurve
von selbst los geht -, und mäßiger Verwendung der Bremse seitens
unseres Fahrers. Da helfen auch die Räucherstäbchen vor dem Durga-Votivbild
nicht, sondern nur ein mahnendes und ltes "go slow!".
Bergauf - die Kempty Falls liegen circa 600 Meter niedriger als Mussoorie
- waren seine Fahrkünste auch nicht bewundernswerter: er quälte
andauernd den Motor mit einem verfrühten dritten Gang. Und was übrigens
der ungebetene Gast, ein Sikh aus Delhi, auf dieser Fahrt im Auto zu suchen
hatte, weiß kein Mensch.
Unten am Auffangsbecken des Wasserfalls tummeln sich bald Dutzende von Touristen.
Sie vergnügen sich unter der Kaskade oder waten bis zu den Knien im
Wasser, die Männer ungeniert in der Unterhose, die Frauen in Sari oder
Punjabi. Man spritzt
sich an und fotografiert sich und freut sich des Lebens.
Wir treffen wieder die hübschen Mädchen von gestern. Sie erkennen
uns, haben unsere Blicke längst bemerkt, tuscheln und lächeln,
und die frechste von ihnen fotografiert uns. Ich erwiedere Foto und Lächeln,
und als wir etwas später beim Chai sitzen, kommt sie auf uns
zu und spricht uns an. Sie erklärt, sie seien "students of science"
aus Delhi, wir tauschen ein paar Sätze aus, wünschen uns gegenseitig
noch eine gute Weiterfahrt und - unsere Eitelkeit ist befriedigt, der Tag
gerettet.
Am Abend gehen die Feiern dieses "Autumn Festival" weiter, mit Pauken
und Trompeten, einem kleinen Ram-Lila Umzug, Feuerwerk, Heißluftballons
und Menschenmengen. Meine harte "Abenteurernatur" hat sich durchgesetzt
- ich spüre die ersten Zeichen einer Erkältung.
Mussoorie, 1. Oktober
"Do chai, do puri, do samosas": So frühstücken
wir hier zum letzten Mal in diesem "Restaurant". Mein Speisezettel ist durch
eine Sulphonamid-Tablette ergänzt, denn ich kann vor Halsweh kaum noch sprechen.
Aber das Erlebnis des Tages hat bereits für gute Laune gesorgt. Nach einem
halbstündigen Aufstieg, in der klaren brennenden Sonne (um 8 Uhr früh) sind
wir beim Craig Top Estate angekommen, das private Paradies von N.
P. Singh auf dem Vincent Hill, dem höchsten Hügel unmittelbar bei Mussoorie,
mit herrlicher Aussicht auf
zahlreiche Siebentausender. Hunderte von Blumen blühen in seinem Garten,
das Grün ist noch jung und frisch vom Monsun (das Wort kommt übrigens aus
dem arabischen Mausim = Jahreszeit), denn vor erst 10 Tagen hat es
hier noch geregnet.
Wir trinken Kaffee in dem dezent eingerichteten, altmodischen Wohnzimmer,
wir werden der Familie vorgestellt, fotografieren und plaudern ein Stündchen.
Sein Vater, der in Dehra Dun "High Commissioner" war - was
immer das bedeuten mag - kaufte das Gut 1957. Er selbst scheint es nicht
nötig zu haben, seinen Unterhalt durch Arbeit zu bestreiten, und ist, mit
Helmuts Worten, ein "Schöngeist" mit vielseitigen Interessen. Wir erfahren
von ihm die Namen von hiesigen Bäumen, wie Zeder, Pinie, Rosskastanie und
Himalaya-Eiche, und von Blumen wie Balsam und Cosmos. Wir sprechen über
indische Küche und Essensgewohnheiten. Er klärt uns auf über "strictly
vegetarians", die nicht einmal Eier essen und nennt jene, die nur nicht
befruchtete Eier essen spaßeshalber "eggetarians".
Dazu habe ich folgende Verse aufgestöbert:
Folks can be divided into two categories:
Vegetarians and non-vegetarians.
Vegetarians themselves into two groups:
Pure vegetarians and eggetarians.
Pure vegetarians can be split into two categories:
Those who take garlic and those who don't.
Those who don't eat garlic can be divided into two groups:
Those who eat roots(potatoes and onions) and those who don't.
Those who don't, fall into two categories:
Those who only eat fresh food and those who eat frozen too.
Those who eat fresh food form two categories:
Those who'd never eat in other people's home and those who do.
Those who don't eat in other peoples' home fall into two groups:
My grandfather and my cow.
Er erzählt weiter von der Bekanntschaft mit Heinrich Harrer, der während
des Krieges in Dehra Dun im britischen Internierungslager gefangen war.
Von hier aus flüchteten Harrer und ein Freund über das Gebirge nach Tibet.
Der Chef der Fa. Siemens aus Bombay, ein gewisser Mr. Swastik (!) war damals
auch hier in Gefangenschaft, als nicht Bergsteiger konnte er sich jedoch
nicht zur Flucht entschließen. |