(8)        
Home
 
Reisebericht Kuba
 
Cuba
Cuba (Bruckmann Länderporträts)
Tolle Bilder, interessante Reportagen
Auf das Bild klicken,
um zu bestellen
 
Fidel Castro
Wenn ich sterbe, wird es keiner glauben.
Anekdoten über
Fidel Castro

von Peter Jacobs
Auf das Bild klicken,
um zu bestellen
 
Krokodile
Krokodile. Expeditionen zu
den Erben der
Dinosaurier

von Reinhard Radke
Auf das Bild klicken,
um zu bestellen
 
Viñales, 22. Februar

Desayuno (Frühstück) um 7 Uhr 30. Es ist bezeichnend: Wir nehmen unser Frühstück zwar in der Villa Claudina ein, aber die griesgrämige Frau der Villa Heriberto muss mich unbedingt noch darauf aufmerksam machen, dass sie es war, die das Frühstück vorbereitet und herübergetragen hat. Bei aller Freundschaft zwischen Nachbarn, wenn es um entgangene Einnahmen geht, fehlt der Neid nicht.

Zurück nach Osten

Kurz nach 8 Uhr geht es los. Die Fahrt in dieser relativ frühen Morgenstunde ist für mich gleichzeitig Genuss und Frust. Das weiche Vormittagslicht, die Kinder in Schuluniform, die in Grüppchen durch die Ortschaften marschieren, und die unzähligen kleinen Szenen, die am Straßenrand vorbeihuschen und mich wie ein Theater des Lebens faszinieren, lassen in mir den Wunsch aufkommen, auszusteigen, mir Zeit zu nehmen, in Ruhe zuzuschauen, zu fotografieren, mit dem einen oder anderen, und sei es nur mit einem Lächeln, Kontakt aufzunehmen, oder mich selbst an den Straßenrand zu hocken, so wie es die unzähligen Menschen tun, die auf eine Mitfahrgelegenheit warten.
An jeder Dorf- und Stadtausfahrt, an jeder Straßenabzweigung oder Autobahn-Anschlussstelle sieht man sie: Allein oder in Gruppen, stehend, sitzend oder hockend, mit oder ohne Gepäck verharren sie Stunde um Stunde unter Brücken oder unter Sonnenschirmen, um der Hitze zu entkommen und in die ferne Hauptstadt mitgenommen zu werden. Vielleicht möchten sie auch nur zum nächsten Ort fahren. Wenn - sehr oft ist es nicht - ein Lastwagen stehen bleibt, beginnt sofort ein Rennen um die wenigen Plätze auf der Ladefläche. Als die Laster weiterfahren, ziehen sie dicke Rauchfahnen hinter sich her - öffentlicher Verkehr unter Fidel Castro.
Während mich das Lied "Ahi papito, ahi mamita" und andere Ohrenwürmer aus der Kassette durch ständige Wiederholung nahezu in einen Trancezustand versetzen, brettern wir über die Autobahn. Die vom bezaubernden Morgenlicht erzeugte Stimmung ist sehr rasch verflogen und hat einem weißen, blendenden Licht Platz gemacht. Die Hitze staut sich im Auto und auf dem Asphalt.
Trotz der eher draufgängerischen Fahr­wei­se von Omar behält die Fahrt etwas Ge­mäch­liches. Wie anders könnte es sein, wenn einem ab und zu auf dem Mittelstreifen ganz langsam ein Reiter entgegenkommt oder bei einer Tankstelle ein Ochsenkarren vorbeizieht?
Zwischendurch bekommen wir etwas von Omars politischen Einsichten mit. Er sei So­zia­list, nicht Kommunist, betont er, aber vor allem sei er ein Patriot. Die Amerikaner, die an der Regierung, nicht das Volk, sagt er differenzierend, seien Hurensöhne, sie zerstörten alle Kultur, seien aber leider an der Macht. Die schlimmsten Feinde der Kubaner seien aber die Miami-Kubaner.
Man spürt, bei aller Kritik die er dem Regime entgegenbringt, dass er auf sein Land stolz ist. Er hat erlebt, erzählt er, wie bei amerikanischen Touristen, die in Tarara zusehen konnten, mit wel­cher Hingabe die Kinder aus Tschernobyl dort gepflegt wer­den, dicke Tränen flossen. So eine Selbst­losigkeit sei in Ame­ri­ka unmöglich, meint er mit Über­zeugung.
Aufkommende Schwüle begleitet unsere Weiterfahrt von Ha­van­na in Richtung Osten. Eine un­ins­pi­rierende, lange, lang­wei­li­ge, einschläfernde Fahrt. Erst als es nach einigen Stunden zu einem kurzen, aber starken Gewitter kommt, entschädigt mich die daraus ent­steh­ende "tropische" Atmosphäre ein wenig dafür, dass diese Gegend von einer so flachen, brauntrockenen und ve­ge­ta­tionsarmen Landschaft gekennzeichnet ist.

Abstecher zur Zapata-Halbinsel

Ein kurzer Abstecher in Richtung Süden führt uns auf die Halbinsel Zapata, wo es laut Reiseführer, neben der berühmten "Schweinebucht" als touristische Hauptattraktion, auch eine Krokodilfarm mit Tausenden von Krokodilen geben soll. Während Roberto am Liebsten weiterfahren würde, zieht mich die Neugierde doch dorthin. Schließlich besuchen wir die, sich letztlich als eine Art Zoo entpuppende Farm, in der mehr als die Wissensvermittlung in Sachen Natur der Touristennepp eine Rolle spielt. Ansichtskarten, Pamphlete und Souvenirs werden in rauen Mengen an­ge­boten, das dazugehörige Res­tau­rant bietet sogar Kro­ko­dil­steaks als besondere Spezialität an. Aber die Krokodile selbst - die sind kaum zu sehen. In einem nicht allzu großen eingezäunten Areal kann ich schließlich in ei­nem sumpfigen Tümpel doch noch einige schlä­frige Exemplare ausfindig ma­chen. Sehr ernüchternd.
Die kubanischen Reiseführer versichern, das Ziel dieser Farm sei in erster Linie, die Tiere vor dem Aussterben zu bewahren, und dass nur ein kontrolliert geringer Prozentsatz von ihnen zu Handtaschen und Schuhen verarbeitet werde.
Meine letzte Hoffnung, nicht enttäuscht weiterfahren zu müssen, ist die Krokodiljäger-Show.
Meine Vorstellung: Ein von abenteuerlichem Leben geprägter und an Gefahren gewohnter furchtloser und knallharter Bursche zeigt, wie man diese gefährlichen Tiere mit einem Lasso einfängt und ihnen das Maul zubindet - eine furchterregende, den Kampf auf Leben und Tod zwischen Mensch und Bestie symbolisierende Szene, die man mit pochendem Herz und nur aus gebührendem Abstand beobachten kann.
Die Realität: Als Höhepunkt der Show am Ende des Kampfes dürfen sich die Zuschauer für nur einen US-Dollar mit dem be­sieg­ten und gefesselten Saurier fotografieren lassen. Man darf das Tier sogar streicheln. Auf Wunsch wird den Mutigsten unter den Touristen die Bestie sogar noch auf die Schulter gesetzt. Auf die Schulter? Ach ja. In Wahrheit handelt es sich bei dem Tier um ein etwa ein Meter langes, nicht ausgewachsenes Exemplar des Crocodylus rhombifer (kubanisches Krokodil). Aber den Kindern der italienischen Touristen ist es dabei trotzdem nicht ganz geheuer. Ein hübsches Fotomotiv für die Eltern.
Als wir weiterfahren, frage ich mich etwas miesmutig, ob der Abstecher die Zeit wert war.