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Moods of La Habana
von Robert Polidori
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Bevor es Nacht wird Ein Leben
in Havanna
von Reinaldo Arenas, Thomas Brovot und Klaus Laabs
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Havanna Feelings
von Jeanette Erazo Heufelde und Jeanette Erazo Heufelder
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Havanna vor
der Revolution!
Ein "Muss" für
jeden Kubafan
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Mein Havanna. Geschichten über
die Liebe zur Stadt
von Alejo Carpentier
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Havanna,
16. Februar, 6 Uhr 48 |
Tschwiep,
tschwiep, tschwiep, zrp, zrp, zwitschertes zum Fenster herein.
Seit mehr als einer Stunde bin ich wach. Ans Schlafen
ist nicht mehr zu denken, denn für meine
innere Uhr gilt immer noch die mitteleuropäische
Zeit, nach der es bald ein Uhr Mittag ist, und
selbst die Reste der bleiernen Müdigkeit
von gestern Abend können nichts mehr dagegen
ausrichten. Zumal auch der erste Verkehrslärm
und das Klappern von Geschirr aus der Küche
in mein Zimmer drängen.
Durch die schmalen Spalten der Rollläden
kann ich, inmitten eines grau-rosa Dunstes, das
kaum noch das Meer dahinter und die Uferpromenade
des Malecon erahnen lässt, das imposante
Gebäude des Hotel National erkennen. Und
während ich es - noch halb verschlafen -
eine Weile lang wie in Trance beobachte, taucht
in meinem Bewusstsein ein Gedanke auf, der allmählich
deutlicher und packender wird: "Es ist wahr!
Ich bin in Havanna!". |
Nach
dem Frühstück, 10 Uhr |
Ob
ich ins Internet dürfe, frage ich Carolina
nach dem Frühstück, im dringenden Bestreben,
meine Ankunft in Kuba per E-Mail zu Hause bekannt
zu machen. Sie erwidert freundlichst, dass es
gerade ungünstig sei. Denn ihr Mann schlafe
noch. Er sei erst um 5 Uhr ins Bett gegangen,
weil er auf den reibungslosen Abgang der chicas
warten musste, die spät nachts von den Amerikanern
mit aufs Zimmer genommen worden waren.
Das Land entwickelt in zunehmendem Maße
einen Prostitutionstourismus a la Thailand, den
Castro einzudämmen versucht. Allerdings mit
eher mäßigem Erfolg. Seit 1996 ist
es beispielsweise Ausländern verboten, Kubanerinnen
ins Hotelzimmer mitzunehmen. Was allerdings nur
dazu führte, dass die Privatzimmer-Angebote
boomten. 1999 gab es in Havanna und in Varadero
(das größte Touristengetto des Landes)
ein scharfes Durchgreifen von Seiten der Polizei.
Tausende Prostituierte landeten im Gefängnis
oder wurden zurück in ihre Heimatdörfer
verfrachtet.
Dieser, vom Tourismus verursachteten "Kommerzialisierung"
begegnet man unentwegt. Im Hotelumfeld wimmelt
es nur so von Schleppern, die den Touristen auf
Schrittund
Tritt beschatten. "De dondé eres?"
(von wo bist du?), "cómo te llamas?"
(wie heißt du?), "quieres tabaccos,
puros, paladar, casa particular;
ron; una chica?" (willst du Zigarren,
ein privates Restaurant,
eine Privatunterkunft, Rum, ein Mädchen?).
Sie finden gleich heraus, welcher
Nationalität man ist und sofort erfinden
sie eine Geschichte (die genauso wahr
sein könnte) von einem Bruder aus Cadiz,
einem Onkel aus Pordenone oder einem Cousin aus
Miami. Zeigt man sich aber desinteressiert, ist
man diese "Vermittler" auch bald wieder
los, sie möchten nur ungern auffällig
werden. |
Wieder
in die Altstadt |
Roberto
und ich beschließen, wieder
zu Fuß aber diesmal abseits der Meerpromenade
in die Stadt zu gehen.
Auf den Straßen wimmelt es von Menschen,
die - anders als in den von Touristen stark frequentierten
Gegenden - den Fremden kaum wahrzunehmen scheinen.
Nur ab und zu findet ein Blick oder ein Lächeln
den Weg zu uns.
Dennoch wächst in mir das Gefühl, allmählich
Kontakt mit dieser Stadt aufzunehmen. Ein alter
amerikanischer Straßenkreuzer, Schlange
stehende Menschen, spielende Kinder, streunende
Hunde, ein Gemüsemarkt an der Straßenecke,
die bunten, abbröckelnden Fassaden - es ist
das Havanna, das ich sehr gut aus dem Film "Buena
Vista Social Club" und meiner Fantasie kenne.
Die Altstadt mit ihren Palästen und prunkvollen
Herrschaftshäusern mit Balkons, Arkaden und
schönen Innenhöfen
im Stil der spanischen Kolonialarchitektur
erwacht durch die laufende Renovierung langsam
wieder zu ihrem alten Glanz. Viele der kolonialen
Prachtbauten sind heute Hotels mit
wunderschönen Eingangshallen, Restaurants
und Cafes. Doch wegen der 40-jährigen Untätigkeit
ist der Versuch, den Abriss der Stadt aufzuhalten,
eine gewaltige, vielleicht hoffnungslose Aufgabe.
Denn auch in der historischen Altstadt kommt die
Restaurierung für manche Gebäude bereits
zu spät. Ruinen und halb zusammengestürzte
Gebäude gehören zum Stadtbild. |
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Ein
regenreicher Nachmittag |
Von einem Platzregen erwischt, gelingt es uns
gerade noch in einem überdachten Café
im Freien den letzten Tisch zu ergattern. Bei
den Preisen ist es kein Wunder, dass wir Touristen
unter uns
bleiben, aber Obstsalat, ensalada de pollo
(Geflügelsalat), ein kühles Bier und
die kleine Musikgruppe machen den Aufenthalt
angenehm. Unter den Arkaden an der Plaza de
Armas tanzt auch noch eine Folkloregruppe
auf Stelzen bei temperamentvoller
Musik.
Als der Regen aufhört, überbrücken
wir die Zeit bis zum nächsten Treffen mit
Aldo mit dem Besuch der Plaza de La Catedral,
wo sich Scharen von Touristen in verschiedenen
Cafés aufhalten und kubanische Musiker
sich für bares ablichten lassen - die Atmosphäre
ähnelt sehr stark der des Markusplatzes in
Venedig.
Gegen 17 Uhr sind wir wieder bei Aldo. Nach einem
gescheiterten Versuch, Julia zu fotografieren
- bis sie sich für das richtige Kleid entschieden
hat, ist der Platz vor dem Haus bereits im Schatten
-, beschließen wir, wieder alle im Restaurant
"A Prado y Neptuno" zu essen.
Obwohl wir nur zehn Meter vom Restaurant entfernt
geparkt haben, hindert uns der starke Regen am
Aussteigen. Bereits nach dem
zweiten Schritt wären wir völlig durchnässt.
So springt Aldo, der sich ja als Gastgeber sieht,
beherzt hinaus, läuft so schnell er kann
zum Eingang, macht einen Portier in roter Livree
auf uns aufmerksam, lässt sich einen Schirm
geben und rennt mit diesem zum Auto zurück.
Jetzt lotst uns der Portier zu einem Parkplatz
direkt vor dem Gebäude. Aber die rettende
Arkadenzeile ist bei dieser Regenwand noch immer
nicht nahe genug.
Endlich taucht der Livrierte - sein Hemd ist bereits
patschnass - mit einem großen Schirm auf,
wir steigen aus, machen einen großer Sprung,
und lassen uns endlich ins Trockene führen.
Diesmal lasse ich mich auf kein Risiko ein und
bestelle eine Pizza.
Zug um Zug schließen sich uns auch ein paar
Italienische Freunde von Aldo an. Saverio, ein
hochgewachsener, graumeliert Toskaner mit Pferdeschwanz
und Ohrring ist der Chef des Lokales. Giuseppe
ein kleiner, freundlicher Mann, der in einem Reisebüro
im Vedado arbeitet. Er schildert mir minuziös
einige Etappen seines Lebens fern der italienischen
Heimat. Nach Jahren in Venezuela und der Karibik
lebt er nun völlig zufrieden seit neunzehn
Jahren in Havanna. Armando, ein hagerer Endvierziger
mit Gabriere-Ferzetti-Charme soll der novio (Verlobte)
der 17-jährigen Freundin von Julia sein.
Man flüstert mir zu, er sei ein verkrachter
Chirurg aus Mailand, der in illegale Abtreibungen
verwickelt gewesen sein soll.
Manchmal schwenkt mein Blick unwillkürlich
zum Nebentisch, an dem ein weißhaariger
Dicker einem bildhübschen Mädchen gegenüber
sitzt, die nicht älter als 20 zu sein scheint.
Sie wirkt gelangweilt, manchmal schenkt sie ihrem
Gegenüber ein erzwungen wirkendes Lächeln,
dann lächelt sie zu einen anderen Tisch hinüber,
um schließlich wieder in Teilnahmslosigkeit
zu versinken - merkwürdige Frauenwelt. |
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