Lonely Planet Kuba (Deutsche
Ausgabe)
von Brendan Sainsbury
Auf das Bild klicken,
um zu bestellen
Märchen von Kuba. Insel
zwischen Lüge und Wahrheit
von Hans Weiss
Auf das Bild klicken,
um zu bestellen
Erzähl mir von Kuba
von Jesus Diaz
und Klaus Laabs
Auf das Bild klicken,
um zu bestellen
München,
Februar 2002
Vorbereitungen für eine Reise nach Kuba
Es musste sein: Endlich entschlossen, nach Kuba zu
reisen, stürzte ich mich in die Vorbereitungen:
Reisebüros aufsuchen, das Internet durchforsten,
Preise vergleichen, verschiedene Kombinationen
von Ab- und Rückflugsterminen prüfen,
die Besonderheiten des Ziellandes mittels Reiseführer
erforschen, Sonnenöl, Mückenspray, Medikamente
und Knopfbatterien für den Handheld sowie
Filme, Kamera- und Blitzlicht-Batterien kaufen,
Sandalen beschaffen (gar nicht so leicht im Winter),
einen auf 110 Volt umschaltbaren Föhn besorgen,
den Adapter für amerikanische Flachstecker
hervorkramen.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Dollars
eintauschen, möglichst viele davon in kleinen
Scheinen (man muss sie meistens bei der Bank vorbestellen),
Traveller-Cheques besorgen, Spanisch auffrischen
und - dringend empfohlen - Reisekrankenversicherung
abschließen. Glücklicherweise schließt
meine Privatkrankenkassa das Reiseland
Kuba bereits ein.
Das einzige Problem war die Touristenkarte: Für
Pauschaltouristen nach Kuba ist dieser Visumersatz
in den Arrangements bereits enthalten, Individualreisende
müssen sie für 25 Euro bei der kubanischen
Botschaft selbst erwerben. Aber versuche mal einer
telefonisch bei der Botschaft durchzukommen -
ein fast unmögliches Unterfangen. Und was
sollte man dann auf dem Fax-Formular als Zielhotel
angeben, wenn man erst vor Ort ein Privatzimmer
suchen wollte?
Die freundliche junge Frau im Reisebüro konnte
mir hier bedauerlicherweise nicht weiterhelfen,
so versuchte ich es letztlich bei verschiedenen
Anbietern im Internet - und landete einen Treffer
bei der Webseite von Travel Overland. Und weil
ich zwar gelegentlich online einkaufe, aber bei
Flugbuchungen noch immer einen direkten Ansprechpartner
bevorzuge, rief ich zur Absicherung noch im Flugbüro
München an. Zu behaupten, dass sich der aufmerksame
Angestellte am Buchungstelefon rührend um
mich kümmerte, ist eine schiere Untertreibung.
Ich wunderte mich, dass er sich überhaupt
so viel Zeit nehmen konnte, um alle möglichen
Varianten durchzusprechen und zu berechnen.
Fazit des zwanzigminütigen Gesprächs:
Der Flugpreis war zwar bei Travel Overland nicht
niedriger als beim Reisebüro, man würde
mir aber - und das war ausschlaggebend -
das leidige Thema "Visum" völlig
abnehmen.
Im Internet suchte ich dann noch intensiv nach
Privatunterkünften (so genannten casas particulares),
konnte aber trotz beachtlichen Zeitaufwand nichts
wirklich Überzeugendes finden.
Das Glück schien es jedoch gut mit uns zu
meinen, denn Roberto (mein Neffe und Reisepartner)
schaffte es noch in letzter Minute, die E-Mail-Adresse
von Aldo, einem alten Bekannten aus Italien aufzustöbern,
der seit Jahren in Havanna lebt. Knappe zwei Tage
vor dem Abflug bekamen wir endlich die ersehnte
E-Mail:
"Ciao Roberto! Die casa particular befindet
sich in der calle 21, Haus Nr. 4, Appartement
61, im Viertel Vedado. Der Hausherr ist ein zuverlässiger
Freund. Er heißt Lenin. Der Zimmerpreis
beträgt 30 $ pro Tag."
Donnerstag,
14. Februar
Der
Flug
Wegen
der freien Wahl des Rückflugtages hatten
wir einen Linienflug gebucht, was uns aber dazu
zwang, eine etwas längere Reisezeit in Kauf
zu nehmen: Abflug in München 12 Uhr 50, Zwischenlandung
in Madrid 15 Uhr 35, kurze Wartezeit, dann 16
Uhr 45 Weiterflug nach Havanna. Die Ankunft war
für 20 Uhr 50 vorgesehen.
Rechnete man den Zeitunterschied nicht ein, bedeutete
das etwa 7 Stunden Flug - das schien nicht erträglich
zu sein.
Welch ein Irrtum! In Wirklichkeit musste man sechs
Stunden hinzurechnen, und das, zusammen mit den
unkomfortablen Flugbedingungen ließ den
Flug nahezu endlos erscheinen. Wie in einem Hühnerkäfig
eingepfercht saß ich Stunde um Stunde mit
angewinkelten Knien - ich bin eins neunzig groß
- auf meinem engen Sitz, immer in der Angst, mein
Vordermann könnte die Rücklehne nochmals
um ein paar Zentimeter nach hinten neigen.
Auf den Gängen war ein ununterbrochenes Kommen
und Gehen übermüdeter Passagiere, die
ständig über meine "unauffällig"
in den Gang ausgestreckten Beine Stolperten.
An schlafen war kaum zu denken. Nur die drei vorgeführten
Filme (die ich mittels Kopfhörer teils auf
Englisch, teils auf Spanisch mehr schlecht als
recht verfolgen konnte) retteten mich vor der
Langeweile und - irgendwann konnte ich doch noch
etwas schlafen.
Abends
in der casa particular von Lenin Rafael Gonzalez
in Havanna
Es
empfängt uns Carolina, eine hübsche
Mittdreißigerin, die (wie auch Roberto und
ich) ganz gut Italienisch spricht. Kaum haben
wir uns bekannt gemacht, schon besteht sie darauf,
uns mit ihrer Digitalkamera abzulichten, um unsere
Konterfeis anschließend auf dem Computer
abspeichern zu können.
Diese von mir als Sicherheitsmaßnahme aufgefasste
Aktion wundert mich nicht wenig - schließlich
hat uns Aldo als Freunde angekündigt. Als
ob sie meine Gedanken gelesen hätte, betont
Carolina sofort mit einem breiten Lächeln,
dass sie das nicht nur wegen der Sicherheit mache,
sondern auch, um sich in Zukunft noch genau an
die Gäste erinnern zu können.
Gleich darauf bittet sie uns, für die drei
Tage, die Aldo für uns ausgemacht hat, im
Voraus zu bezahlen. Schließlich führt
sie uns in unsere Zimmer. Sie überreicht
uns die Hausschlüssel und erklärt, dass
man diese, um aufzusperren, im Schlüsselloch
in entgegengesetzter Richtung als für uns
gewohnt drehen muss.
Ganz nebenbei bemerkt sie auch, dass es noch ein
zweites Schloss gebe, von dem nur sie einen Schlüssel
besitze und mit dem verhindert werden soll, dass
chicas (Mädchen), die von Gästen
des Hauses aufs Zimmer mitgenommen würden,
sich spät in der Nacht unbemerkt und unter
Mitnahme irgendeines Einrichtungsgegenstands
aus dem Staub machen könnten.
Für den Fall, dass wir selbst die Absicht
hätten, chicas einzuladen, empfiehlt
sie uns, immer zuerst deren Ausweise einzuziehen,
einerseits um zu vermeiden, dass sie sich unbemerkt
davon machten, aber auch um ihr Alter verifizieren
zu können, denn die Mädchen müssten
mindestens 18 Jahre alt sein, sonst drohten hohe
Strafen!
Mein Gott, frage ich mich, sind wir in einem Stundenhotel
gelandet? War uns Lenin nicht als absolut seriös
empfohlen worden? Oder ist das hier zu Lande so
üblich? Sind es nur meine, von Mitteleuropa
geprägten Vorstellungen, die mir so etwas
unangebracht erscheinen lassen?
Dessen ungeachtet finde ich Carolinas Äußerungen
so überraschend und eigenartig, dass
ich unwillkürlich schmunzeln muss - und bin
im Übrigen viel zu müde, um mir weitere
Gedanken darüber zu machen. Nach dem langen
Stillsitzen im Flugzeug empfiehlt es sich noch,
einen kurzen Spaziergang zu machen, um die Beine
auszutreten. Danach ist ein sofortiger, tiefer
Schlaf nur eine Frage von Minuten.